Rebekka Bakken

„Body and soul“ haucht es eindringlich von der Bühne: Beschwörung der Einheit von Körper und Seele in der nicht reproduzierbaren Unmittelbarkeit eines Konzerts. Aber die norwegische Sängerin Rebekka Bakken nutzt ihren Körper vornehmlich als Projektions-, als Werbefläche. Versonnener Folkelfenblick, in den Norwegerpullover hineingekuschelte Edelschönheit, die Bluse immer gern einen Knopf zu malerisch für Buseneinblicke geöffnet. So die Marketing-Inszenierung. Live steht Bakken als Fremdkörper einfach so da, weiß nicht wie, nicht wohin. Body als „formschöne Hülle für ein heißlaufendes Kraftwerk der Gefühle.

Wenn Bakken die spröde Folklore ihrer Heimat mit einem Rock-Quartett zu charmantem Songwriter-Pop veredelt, setzt sie ganz auf die Seele der Musik. Zärtlich werden die liebreizenden Melodien angestupst, ein langer, ruhiger, melancholischer Fluss könnte entstehen. Aber Bakken entdeckt überall Verwirbelungen, Wendungen, fjordige Untiefen, Klippen, steuert auf neue Horizonte in gebirgige Höhe der Songquellen zu: das reine Gefühl. Die Sangeskünstlerin weiß es zu gestalten und zu erforschen. Notentöne werden nachdenklich liebkost, mit schierer Kraft aufgeladen, grummelig unterfüttert, feinsinnig gedehnt, verschoben, gebrochen. Hier ein rocköhriges Emporjauchzen, dort kurzweilender Sarkasmus, joikende Scat-Jazz-Improvisation, sanft geschaukelte Traurigkeit. Es entstehen Klangräume als zerklüftete Emotionslandschaften. So konzentriert, so leidenschaftlich, so fantasiestark, so spannungsreich. So stimmmächtig. Zum Niederknien. Sofern dafür Platz gewesen wäre – im rappelvollen Schlachthof. Jens Fischer