Die große Lust auf Mehr

Die SG Flensburg-Handewitt gewinnt durch ein 33:31 gegen den Erzrivalen aus Kiel zum dritten Mal in Folge den DHB-Pokal und hofft jetzt auf den Sturz des THW von Platz 1 in der Liga

AUS HAMBURGCHRISTINA STEFANESCU

„Wir waren berühmt und wir werden es wieder sein“, hatten sich die Fans von Frisch auf Göppingen selbstbewusst auf die grüne Fahne geschrieben und sich für das Final Four in Hamburg mit der Hölle Nord, den Fans der SG Flensburg-Handewitt, verbündet. Göppingen sorgt für das Ausscheiden des Erzrivalen THW Kiel im Halbfinale, so der Plan der Fangruppen, und im Gegenzug unterstützen die Süddeutschen mit allem, was ihre Stimmbänder hergeben, die Flensburger. „Hölle Süd & Hölle Nord – gemeinsam rocken wir Hamburg“, verkündeten die gemeinsamen Spruchbänder.

Gerockt wurde die ausverkaufte Color Line Arena wahrlich. Doch der Traum der Göppinger, den großen THW Kiel wie schon in der Liga zu besiegen und zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte ins Finale des DHB-Pokals einzuziehen, wurde nicht erfüllt. 31:30 lautete das Ergebnis im Halbfinale – für Kiel. Und auch die HSG Nordhorn konnte den Favoriten des zweiten Halbfinales nicht stürzen. Zumindest zwang die Mannschaft von Trainer Ola Lindgren die SG Flensburg-Handewitt in die Verlängerung. 38:36 gewannen die abgezockteren Flensburger – mit dem nötigen Glück, das Manager Thorsten Storm schon unter der Woche erbeten hatte. Traumfinale also, zwischen dem Tabellenersten und dem Tabellenzweiten, zwischen dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt, zwischen den Handballmächten im hohen Norden.

Es war das Kampfspiel, das alle erwartet hatten. Auch als Flensburg in der 38. Minute mit 5 Toren führte, gaben sich die Kieler nicht geschlagen. Im Gegenteil, 10 Minuten später führte die Mannschaft von Noka Serdarusic mit 24:23. Bis zur letzten Minute blieb die Partie spannend, die 13.000 Zuschauer tobten – und feierten nach dem Abpfiff den Pokalsieger aus Flensburg.

Doch es gab da auch noch diese tragische Figur, Kiels Christian Zeitz, der bereits in der 21. Minute für ein Foul an Blazenko Lackovic mit einer roten Karte vom Platz geschickt wurde. Trainer Serdarusic vermutet eine Kampagne gegen den 24-Jährigen: „Wenn die unberechtigte rote Karte nicht gewesen wäre, wäre das Spiel anders gelaufen. Ich werde mich gegen die wehren, die diesen Jungen kaputtmachen wollen.“

Erstmals wurde auch um Platz drei gespielt. Da Kiel und Flensburg in der Champions League antreten werden, durften die Halbfinalverlierer den Mitwirkenden beim Europacup der Pokalsieger ausspielen. Auch hier gab es am Ende nichts zu jubeln für die Göppinger Fans. Nordhorn setzte sich im Siebenmeterwerfen durch.

Kiel und Flensburg, das hat sich in der Liga und auch am Wochenende beim Final Four gezeigt, sind nicht unbezwingbar. Göppingen wie auch Nordhorn haben die Großen ordentlich gefordert. Sowohl Kiel als auch Flensburg hätten sich zwar geärgert, wären sie und nicht die vermeintlich schwächeren Gegner ausgeschieden, den Pokal haben beide Mannschaften aber bereits gewonnen. Gefragt ist jetzt ein Champions-League-Erfolg, endlich mal, und nicht wieder ein Ausscheiden in letzter Sekunde im Viertelfinale. Kiel unterlag Barcelona, Flensburg Montpellier mit jeweils einem Tor.

Und so rüstet man sich in Kiel und Flensburg schon für die kommende Saison. Gleich vier Spieler hat der THW Kiel bereits verpflichtet, Torgaranten, schaut man sich deren Spiele in den jeweiligen Nationalmannschaften an. Und jung sind sie zudem: Kim Andersson, Jahrgang 82, Nikola Karabatic und Vid Kavticnik, beide Jahrgang 84, dazu noch Pelle Linders von Kolding IF aus Dänemark. „Wir haben jetzt Lust auf mehr. Jetzt wird es Zeit, dass wir die Champions League gewinnen“, kündigt Flensburgs Co-Trainer Bogdan Wenta nach dem Pokalfinale an. Wer deutscher Meister wird, mag aber auch er nicht prophezeien. Es bleibt spannend bis zum Schluss – wie im Finale des DHB-Pokal.