„Save me“-Kampagne

Berlin sagt ja und setzt sich für Flüchtlinge ein. Denn Menschen- rechte kennen keine Grenzen

BERLIN taz | 25 Millionen Binnenvertriebene und 9,2 Millionen Flüchtlinge weltweit. Das sind die erschreckenden Schätzungen des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR). Um diesen Menschen zu helfen, haben sich in Deutschland global agierende Menschenrechts- und Hilfsorganisationen, aber auch nationale Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Arbeitskreise zusammengeschlossen und eine Kampagne auf den Weg gebracht. „Save me“ ist ein von über 30 Städten und Kommunen getragenes Projekt, das die BürgerInnen Deutschlands gegen die menschenverachtende Asylpolitik der Bundesrepublik und der Europäischen Union mobilisieren will.

Anlässlich des Internationalen Tages des Flüchtlings, am 20. Juni 2008, bekannten sich auch Berliner Organisationen zur „Save me“-Kampagne, deren Ziel es ist, eine Bewegung von unten zu initiieren, um Einfluss auf die politische Debatte zu nehmen und am Ende ein effektives und nachhaltiges „Resettlement“-Programm auf den Weg zu bringen. Resettlement, auch Neuansiedlung genannt, beschreibt die organisierte Aufnahme von Vertriebenen aus den völlig ausgelasteten Nachbarstaaten der Krisenherde. Wer diese Staaten überhaupt erreicht, der hatte schon großes Glück, denn nach Schätzungen des UNHCR gelingt es nur einem kleinen Teil der Flüchtlingsströme, die Grenzen des eigenen Landes zu überwinden.

Auch in den hoffnungslos überfüllten Flüchtlingslagern ist den Menschen kaum geholfen. Wasser, Nahrung und medizinische Versorgung sind nicht immer gewährleistet. Von einem Leben in Würde und Frieden ganz zu schweigen. Der Bruchteil der Flüchtlinge, der es bis an die Grenzen Europas schafft, steht in der Regel vor verschlossenen Toren. Allein im Jahr 2008 wurden 8.394 Menschen aus der Bundesrepublik ausgewiesen, 12.979 Flüchtlinge direkt an der Grenze „zurückgeschoben“.

In Berlin wird die Kampagne bisher von 270 BotschafterInnen aus den verschiedensten Altersgruppen und sozialen Schichten mit getragen. Ihre Forderungen, Internationale Flüchtlinge sicher nach Deutschland zu holen, richten sich nicht nur an die Gesellschaft, sondern vor allen an Innensenator Ehrhart Körting (SPD).

Mit Erfolg. So wurde im November 2008 der Aufnahme von 2.500 irakischen Flüchtlingen in die Bundesrepublik zugestimmt. In Berlin konnten sich bis jetzt 35 der 125 geplanten Flüchtlinge ansiedeln. Doch zurücklehnen will man sich noch lange nicht. „Es kann nicht bei diesen 2.500 bleiben“, so Jens-Ove Thomas vom Flüchtlingsrat Berlin. „Gerade jetzt vor der Bundestagswahl will sich keiner festsetzen, und man muss aufpassen, dass das alles nicht einfach verpufft.“

Die größten Probleme von „Save me“ liegen vor allem an der bürokratischen Schikane, der sich viele Flüchtlinge ausgeliefert sehen. Die Vorarbeit der Neuansiedlungsprogramme muss vom UNHCR geleistet werden, da die nationalen Organisationen der Kampagne keine Kontakte zu den Flüchtlingen in den Krisengebiete haben. Auch das Feedback in der Bevölkerung könnte größer sein. „Mit etwas mehr Unterstützung aus der Gesellschaft und der Politik könnten wir in den nächsten fünf Jahren ein gutes Resettlement-Programm auf die Beine stellen. Die Möglichkeiten sind da.“

Dass diese Einschätzung für Berlin keineswegs utopisch ist, zeigt sich bei den Aktiven der „Save me“-Kampagne. „Viele hatten bis jetzt keinen direkten Bezug zur Flüchtlingshilfe“ und bekennen sich nun für eine bessere Asylpolitik, betreuen bei Behördengängen oder helfen auf andere Art und Weise. Unterstützt werden sie dabei oft von ehemaligen Flüchtlingen, die heute geduldet werden.

Hier zeigt sich deutlich, wie die Kampagne alle Grenzen überwindet. Dabei kann jeder seinen Beitrag leisten, egal ob er sich einfach nur auf der Website der Kampagne registriert oder ob er selbst Flüchtlinge mit betreut.

Den Imagegewinn, den Berlin durch diese Kampagne erhält, darf man nicht unterschätzen. Eine Stadt, die sich offen für Hilfsbedürftige einsetzt und einen „sicheren Hafen“ für diese Menschen darstellt, kann sich der internationalen Anerkennung sicher sein und setzt damit ein Zeichen für viele andere Städte in Europa. „Aufnehmen, nicht abschieben“ ist das Motto der „Save me“-Kampagne . Berlin muss nur noch ja sagen.

DAVID DOMENICO SIGNORELLO