Attac mittendrin statt nur dabei

Wie Fische im Wasser bewegen sich die Globalisierungskritiker von attac im NRW-Wahlkampf. Einige Aktivisten kandidieren für linke Parteien, andere attac-Mitglieder demonstrieren gegen Rot-Grün

VON MARTIN TEIGELER

Sie stehen auf Landesreservelisten, demonstrieren gegen Wahlkampf-Shows und fordern einen Politikwechsel – auch die Globalisierungskritiker von attac befinden sich im NRW-Landtagswahlkampf. „Wir geben keine Wahlempfehlung ab, aber viele Mitglieder und Regionalgruppen in NRW mischen sich in den Wahlkampf ein“, sagt attac-Sprecher Malte Kreutzfeldt. 5.000 gut organisierte Aktivisten hat das linke Netzwerk in NRW – das ist rund ein Drittel der bundesweiten Gesamtmitgliedschaft. Schwerpunkt ist das Ruhrgebiet, wo es von Duisburg bis Unna flächendeckend attac-Ortsgruppen gibt, die oft mit anderen linken Lokalbündnissen kooperieren.

Beim SPD-Wahlkampfauftakt Anfang des Monats in Dortmund protestierten rund 200 attac-Leute, Montagsdemonstranten und Sozialforums-Bewegte gegen Bundeskanzler Gerhard Schröder, Ministerpräsident Peer Steinbrück und Dortmunds SPD-Rathauschef Gerhard Langemeyer. Motto der Demo: „Schröder, Steinbrück, Langemeyer – wir würzen Eure Wahlkampf-Feier!“ Einige attac-Mitglieder mit SPD-Parteibuch hatten es trotz Sicherheitsmaßnahmen (Regierungsgegner, Butterbrote und Bananen durften laut Teilnehmerberichten nicht mit in den Saal genommen werden) in die Westfalenhalle geschafft, und irritierten Regierungschef Steinbrück mit Zwischenrufen bei seiner Rede.

Zu internem Streit kam es im Vorfeld der Demo, weil die SPD-Show in einer Rundmail an „attacies“ als „Goebbelsinszenierung“ tituliert worden war (taz berichtete). „Dieser Vergleich ist völlig daneben und wird von uns verurteilt“, sagt Sturmi Siebers von der Bürgerinitiative Montagsdemo. Siebers war nicht ganz zufrieden mit der Resonanz auf den Demoaufruf. „Statt 200 hatten wir schon so mit 300 Teilnehmern gerechnet“, sagt er. Die Kundgebungsgäste der SPD hätten eher negativ auf die Proteste reagiert, berichtet Siebers: „Die haben zu uns gesagt: ‚Damit helft Ihr nur den Schwarzen!‘“

Andere Regierungskritiker bevorzugen den parlamentarischen Weg beim Kampf gegen die „neoliberale“ Wirtschafts- und Sozialpolitik der rot-grünen Bundesregierung. Ralf Michalowsky von attac Gladbeck tritt für die neue Linkspartei Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) zur NRW-Landtagswahl am 22. Mai an. Er steht auf Platz acht der Landesreserveliste. „Das hat aber nichts direkt mit attac zu tun“, sagt Michalowsky. Der 54-jährige Familienvater und Diplom-Ökonom ist seit dem 16. Lebensjahr „auf verschiedenen Ebenen politisch aktiv“, so das frühere Parteimitglied der Grünen. „Mein Engagement bei attac ruht momentan“, so Michalowsky.

Im WASG-Team tauchen mehrere attac-Mitglieder auf. Doch das Netzwerk will sich parteipolitisch nicht vereinnahmen lassen. Offiziell gibt es weder eine Zusammenarbeit mit der WASG noch mit der PDS. Das Ziel, den rot-grünen Regierenden bei der NRW-Wahl eine Niederlage zuzufügen, um Korrekturen an der Agenda 2010 durchzusetzen, verbindet viele attac-Mitglieder jedoch mit den kleinen Linksparteien. attac-Mitbegründer Peter Wahl formulierte dies unlängst in einem Interview so: „Wenn sich neuer Protest entzündet und wenn Nordrhein-Westfalen zu ernsten Problemen für Rot-Grün führt, kann ich mir vorstellen, dass versucht werden wird, einer drohenden Niederlage bei der Bundestagswahl 2006 mit mehr als nur kosmetischen Änderungen zu begegnen.“