So schön war das echte Rhodos nie!

Jan Feddersens Gastrokritik: Die lange Suche nach dem guten Griechen findet ihr glückliches Ende – in der Taverne Athene in Kreuzberg

Es ist ja nicht so einfach, ein griechisches Restaurant zu finden – denn es darf nicht schick sein, so sterneverdächtig. Mehr wie in Griechenland selbst, als man mit Billigticket via Schönefeld/DDR billig nach Athen flog, um durch die Kykladen zu reisen – von Insel zu Insel, Hauptsache, es erinnerte an Alexis Sorbas, Mikis Theodorakis und Melina Mercouri.

Dass man irgendwie tanzen möge, aus dem Alltag heraus, auf Plastiktischdecken, leicht irre im Kopf des Retsinas wegen, das war der Traum. Deshalb ist die Idee, den „guten Griechen“ hier zu finden, gar nicht so einfach zu realisieren: Es muss Fleisch dabei sein und Krautsalat, am besten nicht zu trockene Pommes, natürlich Tsatsiki – knoblauchsatt, damit die Distinktion zu den deutschen Spießern auch schon beim Atem hervorwölkt.

Und dieser gute Grieche ist gefunden: Es ist ein feines Haus am Tempelhofer Ufer, nah beim Theater HAU, in Sichtweite zum Willy-Brandt-Haus, noch in Kreuzberg, bald vielleicht unterhalb des Riesenrads am Gleisdreieck. Die Besitzerin, eine deutsche Griechin oder eine griechische Deutsche, ist von überbordend unaufdringlicher Freundlichkeit – wie überhaupt alle Menschen es sind, die dort verkehren. Schichtendiffus, sozusagen, kein Schickimicki, kein reiner Prollverschnitt, dennoch gediegen und manierlich: Männer hemdsärmelig, Familien en gros, Paare verliebt, die Frauen frisch gewellt, die Männer hungrig, eine schöne Stimmung, das, mit griechischer Popmusik dezent untermalt.

Und wie das Essen schmeckt. Griechischer Küche eilt ja der Ruf hinterher, sie schmecke nicht, weil sie nie kochend zubereitet wird – alles nur lauwarm. Wir aßen all das, was wir hofften, zu essen. Souvlaki (fein), der wie erwartet vulgär volle Vorspeisenteller, Hack in Weinblättern, Quark mit Knoblauch, Salat hier, Salat da. Herrlich unkompliziert. Sonderlob für die Moussaka, ein Auberginenauflauf, der aus diesem ja im Grunde unerträglichen Gemüse eine würzige Angelegenheit macht.

Die Taverne Athene eignet sich als Stammkneipe, in der man oft zu Besuch sein muss, um die Speisekarten korrekt zu bewältigen – alles umfänglich, überladen, schön indezent.

Griechische Restaurants wurden von ihren Freunden, als sie damals die Freundschaft kündigten, gern als „Fressklos“ diffamiert – das war zu einer Zeit, als man sich aufs Italienische verlegte. Die Tempelhofer Sirtaki-Köche haben dies nicht verdient: Sie müssen gut beschäftigt werden. Hingehen und froh sein. Um Mitternacht denkt man, dass Rhodos nie so schön war!

TAVERNE ATHENE, Tempelhofer Ufer 12, 10963 Berlin, Fon (0 30) 2 51 60 69, www.taverne-athene.de, täglich von 15.30 Uhr bis Mitternacht; Hauptgerichte von 4,60 bis 12,30 Euro; griechische Fassweine (Imiglykos, Aspro, Retsina) im Angebot; Leitungswasser wird auf Anfrage gern gereicht – wie Ouzo zum Auftakt wie zum Ende eines Mahls.