Teufel tritt zurück

oder Der Gegenbesuch

Nacht in einem württembergischen Studierzimmer – einem höllenähnlichen Verwaltungstrakt in Stuttgart. Der Teufel (hier: der leibhaftige) sitzt unruhig in seinem Ministerpräsidentensessel.

Teufel: Habe nun, ach! als Magistrat

im Spaichinger Verwaltungswesen,

dann überall gedient im Staat

und kann sogar selber die Zeitung lesen.

Da steh ich nun, ich armer Tor

und bin so dumm als wie zuvor!

Heiße vorn Erwin, den alle Welt kennt

als ihren Ministerpräsident.

Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffen,

denen die Lehrmittel stets zu beschaffen

mein lebenslanger Auftrag war –

und nun darf ich nicht mal ins Seminar!

Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,

nicht mal die Hölle, ich bin ja der Teufel!

Es möchte kein Hund so länger leben!

Ich will mich der Philosophie ergeben.

Damit ich nicht mehr mit saurem Schweiß

zu reden brauche Verwaltungsscheiß.

Dass ich erkenne, was die Welt

von Kehl bis Calw zusammenhält!

Ach könnt ich doch auf Schwarzwaldhöh’n

im Lichte der Badenwerke geh’n!

Erleuchtet wie der Nebelriese

Heidegger auf der Todtnauwiese.

Es klopft

Teufel: Herein! Wer es auch immer sei …

Faust: Ich heiße Faust und bin aus Staufen!

Teufel: Und?! Was hat der dunkle Herr dabei?

Faust: Ich hab’ Examen zu verkaufen.

Teufel: Examen! So gefällst du mir!

Faust: Schaut her! Zum Beispiel dies Papier

mit Blankounterschrift von Bloch

aus Tübingen bei Haigerloch.

Der hat in seinen letzten Tagen

mir selber flehend aufgetragen,

nur dem sein Erbe hinzugeben,

aus dessen ganzem frühen Leben

der Hoffnung laute Stimme spricht

und unverbrauchte Zuversicht.

Seid Ihr mir da der rechte Mann?

Teufel: Und ob, Gevatter! Denn ich kann

ganz ohne falschen Schneid bekennen:

ich kann die Milch vom Joghurt trennen!

Desgleichen Ochs und Esel auch

durch bloßes Fühlen unterm Bauch.

Faust: Dann sollten wohl vier Disziplinen

als Postpostlaufbahnnachweis dienen:

Ein Staatsexamen Medizin,

dazu vom Schwurgericht Schwerin

ein frisch geprüfter Friedensrichter

mit Arbeitsschwerpunkt Eheschlichter.

Dann wäre hier ein Propstexamen,

in Lutherlocken eingeschnürt,

und Hegels Werk habt Ihr in Dramen

in der Wilhelma aufgeführt.

Mit einem Faultier und drei Affen!

Das wird nicht mal der Weltgeist schaffen!

Teufel: Wie hältst du’s mit dem Abitur?

Ich habe Führungsnoten nur …

Faust: In meiner Welt gilt nur das Streben!

Könnt Ihr mir ein Exempel geben?

Teufel: Ich kann das Grundgesetz auf Leimen,

auf Rottweil und auf Spätzle reimen.

Faust: Mehr!

Teufel: Habe schon auf Schusters Waden

ganz Württemberg und danach Baden …

Faust: … sagt bloß: als Wandersmann durchmessen?!

Teufel: Ja, nicht mal Göppingen vergessen!

Faust: Dann sollt Ihr die Diplome haben!

Teufel: Und wie steht es mit Gegengaben?

Der letzte Cent, den ich besaß,

gehört jetzt Jürgen Habermas.

Faust: Ich pfeife, wenn Euch dieses Wort,

nicht gar zu garstig dünkt und eitel

auf manch gelehrten Hirnrapport,

auf Schmalz aus Professorenscheitel!

Mir wär’ im Gegenzuge lieber,

Ihr schriebet mir ein Amtskassiber

dass Eure Stelle, die nun frei

durch Euren Abschied, meine sei.

Teufel: Auf die der Oettinger so spitzt?

Faust: Genau, der Euch im Nacken sitzt!

Teufel: Die Wette biet ich!

Faust: Topp!

Teufel: Zum Landtag auf! Im Schweinsgalopp

Faust: Bedenkt es wohl, wir werden’s nicht vergessen!

Teufel: Verwaltungsrechtlich mag ich’s wohl ermessen!

Reinhard Umbach