nicht verpassen!
: Die Leihnutti

„Spezialauftrag: Kindermädchen“, 20.15 Uhr, Sat.1

Okay Sat.1, schon klar: Zwischen Prostitution und Werbung ist im Grunde kein Unterschied. Bei beidem muss man sich ziemlich krumm machen, um ein einigermaßen vorzeigbares Ergebnis zu bekommen. Da trifft es sich, dass der Kuschelsender auf eine weitere Gemeinsamkeit aufmerksam macht: eine Vorliebe in der Innenausstattung für Chrom und Glas. Das Zuhälterbüro, das Sat.1 in seiner romantischen Komödie eingerichtet hat, scheint direkt aus den werbehörigen, fetten 90ern zu stammen. Sollte die Zuhälterei die einzig boomende Branche in diesen mageren Zeiten sein? Weit gefehlt: Denn da ist noch jemand, der richtig viel Schotter verdient: Der Diplomingenieur Henry (Dominic Raacke). Henry ist angestellt bei dem Luftschiffbauer Zeppelin in Friedrichshafen, lebt in einer Zwei-Millionen-Euro-Villa am Bodensee, arbeitet zu viel, vernachlässigt seinen Sohn Leon (Jonathan Beck) und hat seit dem Tod seiner Frau kein Date mehr gehabt. Wie praktisch, dass Leon ein neues Kindermädchen braucht. Es kommt, wie es kommen muss. Das Kindermädchen Jacky (Anica Dobra) bricht Henry das Herz, und an dieser Stelle kommt dann wieder die Prostitution ins Spiel: denn Jacky ist eigentlich eine Nutte. Das weiß zunächst nur der elfjährige Leon, der sehr verständnisvoll auf die neue Leihnutti reagiert. Als aber Henry von Jackys Vergangenheit erfährt, ist der ganz schön geladen und spricht nicht mehr mit Jacky. Man ahnt, wie es ausgeht, weil das Handlungsmuster bekannt ist. „Spezialauftrag: Kindermädchen“ ist ein bisschen „Pretty Woman“ und ein bisschen „Meine Braut, ihre Schwiegereltern und ich“. Aber eben nur ein bisschen. Hätte der Film nicht die guten Schauspieler, man könnte ihn getrost vergessen. Aber so ist es trotz aller Klischees ein ansehnliches Stück TV-Unterhaltung geworden. Und am Ende geht die Sonne glitzernd über dem Bodensee unter. Michael Lünstroth