LESERINNENBRIEFE
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Bisher nur Lippenbekenntnisse

■ betr.: Unfassbare Mörder“ von Christian Rath, taz vom 23. 1. 12

Vor dem Abschluss des erst noch einzusetzenden Untersuchungsausschusses ist es doch etwas früh, die Behörden bezüglich ihres Verhaltens gegenüber dem braunen Terror in solch einem günstigen Licht erscheinen zu lassen. Der Vorwurf der Verwicklung der Sicherheitsbehörden und des Verfassungsschutzes bzw. deren V-Leute mit der Nazi-Szene ist ja noch nicht ausgeräumt („Die V-Mann-Falle“, taz vom 5. 1. 12). Darüber hinaus wurden rechte Gewalttaten in der Vergangenheit meist nicht als solche angesehen oder verharmlost, von wegen „keineswegs blind auf dem rechten Auge“. Dafür spricht auch der Artikel in dieser Ausgabe „Wenn Nazis toleriert werden“. Was bisher von der Politik zu hören war, sind leider lediglich Lippenbekenntnisse, und der Verfassungsschutz beschäftigt sich lieber damit, die Abgeordneten der Linkspartei zu observieren.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Unbequeme Fragen notwendig

■ betr.: „Unfassbare Mörder“, taz vom 23. 1. 12

Hat er sich einen Jux gemacht, der Experte? Eine skeptische Haltung gegenüber den verlautbarten Untersuchungsergebnissen zu der Mordserie kann ich gut verstehen, das gilt erst recht für die offiziellen Reaktionen und die Erfolgsaussichten des Untersuchungsausschusses. Aber gerade deshalb ist es notwenig, weiterhin unbequeme Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen.

Angesichts der bisherigen Berichterstattung und Kommentierung in der taz überrascht mich jetzt ein so seltsam flapsiger, oberflächlicher Kommentar doch sehr. Denn er passt perfekt zu der um sich greifenden Tendenz zum Verwischen der Hintergründe und der Verantwortlichkeiten. Wem wird so etwas nützen? Es ist zum Beispiel geradezu einfältig, wenn die Möglichkeit einer Blindheit „auf dem rechten Auge“ bei der „übergeordneten Politik“ mit dem Hinweis auf die Zugehörigkeit zur SPD oder den Grünen ausgeschlossen wird. Auch „Absicht kann … ausgeschlossen werden“, denn „in die pannenreiche Suche waren … zu viele Behörden verwickelt“. Als ob das nicht im Gegenteil allen Grund zum Misstrauen gäbe!

Am Schluss wird verständlich, warum der Verfasser sich so vergaloppiert hat: Er will gegen die Gefahren eines Überwachungsstaats anschreiben, also gegen all jene, die aus dem Versagen bei der Überwachung der Mörder als wichtigste Konsequenz eine feinmaschige Kontrolle in unserer Gesellschaft installieren wollen. Diese Gefahr sehe ich auch, aber das darf nicht dazu führen, dass wir jetzt nicht weiter hartnäckig die vollständige Aufdeckung der Hintergründe für die Taten einfordern als Beitrag dafür, „dass eine derartige Mordserie nie wieder passieren kann“. ROBERT HÖLZLE, Weingarten

Gottschalk kann mehr

■ betr.: „Hybris und Muffensausen“, taz vom 25. 1. 12

Nein, man muss sich nicht alles antun, was einem nicht gefällt. Für die öffentlich-rechtlichen Sender Gebühren zahlen und dann noch Werbung und ein völlig „zerhacktes“ Programm ist einfach zu viel! Außer Promi-Geschwätz gibt es ja auch noch andere Themen, die relevant sind. Mal sehen, ob das redaktionelle Konzept weiterentwickelt wird, denn Gottschalk kann mehr! CHRISTIAN LUKNER, Bonn

Gemischte Gefühle

■ betr.: „Hybris und Muffensausen“, taz vom 25. 1. 12

Auch ich betrachte das neue Fernsehprojekt von Thomas Gottschalk im Vorabendprogramm des Ersten mit gemischten Gefühlen. Denn die Stärken des Showmasters liegen wirklich bei der Moderation von großen Samstagabendshows; es gab nur einmal eine Ausnahme, als Thomas Gottschalk den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki interviewte. Das war eine der wenigen Sternstunden im Deutschen Fernsehen, die aber vor allen Dingen dem intelligenten Witz und Esprit von Herrn Reich-Ranicki zu verdanken war.

Mich erinnert die ganze Problematik an den legendären Showmaster Hans-Joachim Kulenkampff. Auch Thomas Gottschalk könnte das gleiche Schicksal ereilen! THOMAS HENSCHKE, Berlin

Unfreiwillig komisch

■ betr.: „Hybris und Muffensausen“, taz vom 25. 1. 12

Als sich Gottschalk (am Dienstag) mit den Minibären-Bildern bei den verbliebenen Zuschauern eingeschleimt hatte, folgte die Werbung mit diesen „Schleimmonstern“. So unfreiwillig komisch wie des Meisters applaudierende Angestellten!

VOLKER HUMMEL, Kronberg im Taunus

Er hat aber geschwiegen

■ betr.: „American Pie. Ende einer Legende“, taz vom 25. 1. 12

Warum so versöhnlich mit einem Mann, der den sexuellen Missbrauch an Minderjährigen oder Schutzbefohlenen wenn vielleicht nicht aktiv begangen, so doch aber billigend in Kauf genommen hat? Späte Reue ist ja ganz nett, er hat aber geschwiegen. Wahrscheinlich sogar weil er ein so erfolgreicher Trainer war. Ihre Lobhudelei macht auf mich einen unreflektierten Eindruck. Sie haben da aus meiner Sicht vollkommen ungerechtfertigt auf die Tränendrüse gedrückt. Ich kann kein Mitleid für einen Mitwisser von Kindesmissbrauch aufbringen. ANKE SCHILLING, Hannover