LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: „Umstrittene Ordensträgerin“, „Bundesverdienstkreuz für Israelkritik?“, „Pro“ von Stefan Reinecke, „Contra“ von Ulrich Gutmaier, taz vom 25. 7. 09

Zur Kritik verpflichtet

Ich freue mich sehr, dass Felicia Langer das Bundesverdienstkreuz bekommen hat, und sie soll es auf keinen Fall zurückgeben!

Auch bin ich voll und ganz auf der Linie der Argumentation von Stefan Reinecke und teile vor allem seine Ansicht darüber, dass wir Israel mit deutschem Philosemitismus keinen Dienst erweisen, sondern gerade als Freunde zur Aufmerksamkeit und gegebenenfalls zur Kritik verpflichtet sind. Das ist keineswegs selbstgefälliger „Empörungsdiskurs“, wie es Ulrich Gutmair verunglimpfend bezeichnet, sondern ein Freundschaftsdienst.

Apropos „Krawallschachtel“: Die Bezeichnung passt wohl, mit Verlaub, eher auf Ralf Giordano, der sich als solche in der Kölner Moscheediskussion geoutet hat. Wer „nüchterne und kritische Betrachtung“ fordert, sollte selbst dazu fähig sein. EVA-MARIA BRUCHHAUS, Köln

■ betr.: „Umstrittene Ordensträgerin“, „Bundesverdienstkreuz für Israelkritik?“

Keine gleichberechtigten Bürger

Ulrich Gutmair macht es sich recht einfach: Er lehnt die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Felicia Langer pauschal ab, weil damit ein geschlossenes System, die „Israelkritik“ prämiert würde. Diese aber sei nicht nur nutzlos, da man immer schon wisse, was dabei herauskomme, nämlich die Israelis unter allen Umständen und unter Hintanstellung der Tatsachen als die Bösen darzustellen, nein, sie sei auch kolonialistisch, weil die Palästinenser dabei als „die edlen Wilden“ dastünden – ein aparter Gedanke, auf den man erst mal kommen muss.

Das einzige Mal, wo Gutmair dann mit Tatsachen argumentiert, wird es allerdings bezeichnenderweise falsch: Die arabischen Israelis sind eben nicht völlig gleichberechtigte Bürger. Da sie keinen Militärdienst leisten (dürfen), gewisse Karrieren oder Vergünstigungen aber an die Ableistung des Militärdienstes gebunden sind, sind ihnen diese versperrt; außerdem sind sie auch beim Erwerb von Grundstücken u. a. den jüdischen Israelis nicht gleichgestellt. ANDREAS UNGER, Berlin

■ betr.: „Bundesverdienstkreuz für Israelkritik?“

Verdiente Auszeichnung

schade, dass bereits mit der überschrift tendenz einzieht. felicia langer setzt sich für die gleichbehandlung der palästinenser ein. auch für die 20 prozent arabischer israelis, die nach herrn gutmairs vorstellung als bürger/innen mit gleichen rechten in israel leben.

wo lebt herr gutmair? weiß er nichts von der landnahme im westjordanland, nichts von der wohnungsanlage des us-millionärs irwing moskowitz in ostjerusalem, nichts von der tilgung der arabischen strassennamen und so fort? bezeichnend ist, dass die herren broder, giordano und lustiger unisono in die kritik des staates israel an der verleihung des bundesverdienstkreuzes an frau langer einstimmen, jedoch nie ein wort zur frage der gleichberechtigung der arabischen bürger/innen verloren haben.

frau langer hat ihn ebenso verdient oder nicht verdient wie auch die herren giordano und lustiger. das ist so mit staatlichen auszeichnungen. und wer sie nicht haben will, kann sie immer zurückweisen.

FRIEDRICH O. J. ROLL, Berlin

■ betr.: „Bundesverdienstkreuz für Israelkritik?“

Mehr als eine Krawallschachtel

Wie viele, die Kritik an der Politik des Staates Israel nicht zulassen möchten, drückt sich Ulrich Gutmair vor einer sachlichen Diskussion. Er erklärt daher „Israelkritik“ zum „geistigen Kolonialismus“, zu einem „geschlossenen System“, in dem Juden immer nur die Bösewichter seien (außer Frau Langer vielleicht?) und die Palästinenser die „edlen Wilden“, denen aber mit „Israelkritik“ nicht geholfen wäre.

Es gehört sicher einiges mehr dazu, als nur eine „Krawallschachtel“ zu sein, als die er Felicia Langer diffamiert, um das Bundesverdienstkreuz verliehen zu bekommen. Frau Langer kennt sich als Anwältin und Autorin sehr gut mit den Rechten, die den arabischen Israelis verwehrt werden, aus und hält den Begriff der Apartheid für angemessen.

Gutmair scheint nicht zu wissen, dass linke Israelis, die seiner Meinung nach den Begriff „Ghetto“ „ für das völkerrechtswidrig abgeriegelte Gebiet des Gazastreifens“ in Netanja benutzen dürfen, Unterstützung aus dem Ausland erwarten und es ihnen nur recht ist, wenn auch in Tübingen Tacheles geredet wird.

Er scheint es schon gut zu finden, dass Israel auch nicht schlimmer ist als die arabischen Regime, schließlich sollten diese doch auch einmal kritisiert werden, wobei er die Tatsache vernachlässigt, dass die Palästinenser von Israel und nicht von arabischen Regimen okkupiert sind. Vielleicht gehört auch er zu denjenigen, die wenig Ahnung von den Verhältnisse in Israel haben. MANUELA KUNKEL, Stuttgart