Außenwerbe-Wettbewerb stockt

AUSSCHREIBUNG Ein Bieter für den neuen Stadtwerbevertrag zieht sich zurück – wegen einer Klausel, die einen Konkurrenten erheblich bevorzugt

Der Branchenriese JC Decaux hat sein Angebot für den neuen Vertrag über die Vermarktung der bremischen Werbeflächen zurückgezogen. Das Unternehmen war erbost, dass dem jetzigen Vertragspartner der Stadt, dem Kölner Ströer-Konzern, eine so genannte Vorpachtklausel eingeräumt wird. Diese ermöglicht es Ströer, am Ende des Ausschreibungsverfahrens das beste von den Konkurrenten unterbreitete Angebot zu übernehmen und so die Wettbewerber aus dem Vertrag zu drängen. „Wir bedauern unseren Ausstieg, sehen aber keine Basis mehr für ein transparentes und faires Verfahren in der Hansestadt“, so JC Decaux.

Die Vorpachtklausel ist eine wettbewerbsrechtliche Altlast. Vor Jahrzehnten hatten mehrere Kommunen gemeinsam einen eigenen Werbeflächenvertrieb, die Deutsche Städte-Reklame GmbH gegründet. Dieser räumten sie die Vorpachtklausel ein – und sicherten sich somit selbst das Recht, stets das letzte Wort über die Wertschöpfung der eigenen Werbeflächen zu behalten. 2004 jedoch übernahm der Ströer-Konzern für rund 400 Millionen Euro das Nachfolgeunternehmen der DSR – und damit alle laufenden Verträge, inklusive der Vorpachtrechte.

Das Bundeskartellamt hat diese Praxis scharf kritisiert. In ihrem Anfang Juli veröffentlichten Jahresbericht 2008 schreibt die Aufsichtsbehörde, die Vorpachtklauseln seien „zweifelsfrei kartellrechtlich unzulässig“. Jeder Bieter müsse damit rechnen, dass sein „Angebot dem Vertragspartner der Kommune – der ja gleichzeitig Wettbewerber ist – offengelegt wird“ und er am Ende nur dazu benutzt wird, „die bestehenden Konditionen zu verbessern“. Unter diesen Umständen würden viele Unternehmen „Abstand davon nehmen, sich an solchen Ausschreibungen zu beteiligen“.

In Bremen ist die DSR, später Deutsche Städte Medien (DSM), seit 1982 Vertragspartner. Rund 1,2 Millionen Euro zahlte der DSM-Mutterkonzern Ströer 2007 an Bremen. Ende 2010 nun läuft der Vertrag aus und Bremen hofft auf Einnahmensteigerungen. 730.000 Euro gab der Senat für ein Gutachten zur Vorbereitung der Ausschreibung aus.

Ein Teil davon ging an die Hamburger Kanzlei White & Case – und diese widersprach der Auffassung des Kartellamts. „Die sehen das so, dass wir juristisch auf der sicheren Seite sind, wenn wir an der Klausel festhalten“, sagt der Sprecher des Bauressorts Michael Ortmans. Ansonsten würden womöglich Ströers Ansprüche verletzt. Die Haltung des Kartellamtes, so Ortmans, sei richterlich noch nicht überprüft worden. Bremen sei „die erste Stadt, die ausschreibt, nachdem der Kartellamts-Bericht herauskam.“ Diese Haltung dürfte auch damit zu tun haben, dass ein neues Ausschreibungsverfahren vor Ende der Vertragslaufzeit kaum realisierbar wäre. Dass sich noch weitere Interessenten genervt zurückziehen könnten, dafür gibt es laut Ortmans „keinerlei Hinweise“. Wie es bei Branchenvertretern hieß, haben sich außer Ströer noch die neu gegründete Telekom-Out-of-Home Media und der Berliner Außenwerber Wall in Bremen beworben. Die Unternehmen wollten sich aber am Dienstag nicht zu der umstrittenen Klausel äußern. CHRISTIAN JAKOB