Reiche sollen Ramsch vertreiben

Die Ruhrgebietsstädte wollen nicht länger Billig-Läden anziehen: Sie wollen finanzstarke MieterInnen und Geschäfte in ihren Zentren. Oberhausen legt als erste Stadt einen Masterplan vor

von ANNIKA JOERES

Oberhausen sucht reiche KundInnen für teure Läden: Die Stadt hat am Montagabend den „Masterplan Innenstadt“ verabschiedet, nun soll das Zentrum wieder aufblühen: Statt Billigläden und Ramschangeboten sollen hochwertige Geschäfte einziehen. Wie in allen Städten des Ruhrgebiets machen sich auch hier Billiganbieter breit.

„Die Nachfrage nach billigen Läden ist leider riesig“, sagt Franz Muckel, Leiter des City-O-Managements. Die Menschen seien verunsichert, das Einkommen deutlich gesunken. Das besondere Konzept der Stadt: Die Nachfrage nach hochwertigen Waren soll gestärkt werden. „Wir brauchen Menschen mit höherem Einkommen in der Innenstadt“, sagt Muckel. Wenn der Wohnraum nur attraktiv genug sei, dann würden auch Menschen mit Luxus-Wünschen einziehen. Interessant für Immobilienbesitzer sind ältere Menschen, die vom Lande ins Zentrum ziehen, um nur kurze Wege zum Bäcker, zur Bank und zum Bahnhof zurücklegen zu müssen. Für sie werden Aufzüge gebaut, Wohnungen modernisiert, Balkone hinzugefügt. „Die Besitzer der Immobilien müssen auf die Wünsche eingehen“, sagt Muckel.

Die Städte im Rurhgebiet plagen alle die selben Probleme: Sinkende Einwohnerzahlen und schwindende Kaufkraft treiben die angestammten Geschäfte in den Ruin. Bisher läuft die Verwaltung der Läden nach den Wünschen der Besitzer: Sie ziehen eine kurzfristige Vermietung an Ein-Euro-Shops einer Suche nach attraktiveren Mietern vor. Auch die insolvent gegangenen HändlerInnen sorgen für Ramsch in den Zentren: Wenn sie vorzeitig ausziehen, aber noch ihren Mietvertrag erfüllen müssen, holen sie per Untervertrag die Billiganbieter ins Geschäft.

Auch in der Kleinstadt Hattingen gibt es mittlerweile rund ein Dutzend Billigshops in der Fußgängerzone. Hattingen setzt auf die Vermieter der Immobilien, nicht auf die Käufer. „Die Kaufkraft ist nicht unser Problem“, sagt Sprecher Thomas Griesohn-Pflieger. Gerade in der Altstadt würden Gutverdiener wohnen, die dann allerdings woanders einkaufen gingen. „Eben wegen der Billigshops, das ist ein Teufelskreis“, so Griesohn-Pflieger. Bisher hätten die VermieterInnen noch nicht eingesehen, dass die Ramschläden langfristig die Mieten drücken werden. „Wir versuchen sie in Gesprächen zu überzeugen.“ Zwingen könne man sie ja nicht.

„Wir können leider nur beraten“, sagt auch Theodor Damann, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Ruhr. Oft sehe die Stadt das Problem erst, wenn der unerwünschte Mieter schon drin ist. Trotzdem findet Damann die Billiganbieter besser als mit Pappe verklebte Leerstände. „Auf den Mix kommt es an.“ Wenn alle Branchen vertreten seien, große und kleine Geschäfte verkauften, dann erst würden sich alle Kunden wohl fühlen.

Oberhausens Masterplan scheint im Ruhrgebiet kaum Nachahmer zu finden. Recklinghausen sieht „absolut keine Chance, darauf Einfluss zu nehmen“, so Sprecher Reinhold Hegemann. Auch Bochum sieht keine Handlungsmöglichkeit. In der Fußgängerzone reiht sich ein Billigladen an den nächsten. Das sehe nicht schön aus, sagt Sprecher Volker Hagedorn. „Uns sind die Hände gebunden“. Die Stadt spreche mit Immobilienbesitzern und versuche sie zu überzeugen, dass kurzfristige Renditen am Ende ein schlechtes Geschäft sind. „Mehr können wir nicht tun.“