Teilzeitanspruch gilt nur teilweise

Bundesarbeitsgericht konterkariert Bemühen der Regierung um kinderfreundliche Jobs: Es weist die Klage einer Mutter ab, die Teilzeit ins Büro zurückkehren will. Zwar habe sie dazu grundsätzlich das Recht – aber nur, wenn der Betrieb nicht leidet

VON COSIMA SCHMITT

Das Problem ist erkannt, die Experten sind sich einig: Drei Jahre Babypause, das ist oft das Karriereaus. Wer nach Chefsesseln strebt, sollte auch als junge Mutter wenigstens halbtags im Büro sitzen. Dabei hilft ihr das Gesetzbuch, das Eltern ein Recht auf eine Teilzeitstelle sichert.

So weit die Theorie. Wie anders die Praxis aussehen kann, erhellt jetzt ein Urteil, das das Erfurter Bundesarbeitsgericht gestern fällte: Es wies die Klage einer Frau ab, die Baby und Job verbinden wollte. Zu Recht habe ihr Arbeitgeber dringende Betriebsgründe angeführt, die dem Teilzeit-Wunsch entgegenstünden. Geklagt hatte die Diätassistentin eines Krankenhauses. Zunächst hatte sie sich ganz um ihr Baby gekümmert, dann wollte sie Teilzeit in den Job zurück. Das Krankenhaus lehnte ab. Es hatte bereits eine Vertreterin eingestellt, die ihre volle Stelle behalten wollte. In diesem Fall waren sich die Erfurter Richter einig: Die Klage wird abgewiesen, der Arbeitgeber handelte zu Recht.

Die Richter wollten dies aber nicht als Grundsatz-Absage verstanden wissen. Im Gegenteil sei es durchaus zulässig, dass eine Mutter erst ganz pausiert und dann Elternteilzeit beantragt. Nur dürfe eben der Betrieb nicht allzu stark darunter leiden.

Weniger eindeutig beurteilten Richter den Fall eines jungen Vaters, Kundenbetreuer im Außendienst. Parallel zur Elternzeit wollte er 20 Stunden pro Woche arbeiten. Doch die Firma lehnte ab. Der Posten sei nur als ganze Stelle zu bewältigen und ein geeigneter Teilzeitbewerber nicht zu finden. Eine Ausrede, fand der Kläger. Die Firma habe sich gar nicht wirklich um eine Halbtagsvertretung bemüht. Und seine wichtigsten Kunden könne er auch im 20-Wochenstunden-Pensum betreuen. Hier entschied das Gericht: Das zuständige Landesarbeitsgericht muss den Fall teilweise neu aufrollen.

Die beiden Urteile richten den Fokus auf ein vielschichtiges Problem. Eigentlich hat jede Mutter und jeder Vater in Elternzeit das Recht auf eine Teilstelle. So steht es im Gesetz. Doch dort ist auch die Ausnahme verankert: Wenn „dringende betriebliche Gründe“ dagegenstehen, darf die Firma ein „Ganz oder gar nicht“ erzwingen. Für welche Fälle dies gilt, entscheidet im Zweifel ein Richter. Als legitimer Grund gilt, dass die Firma keinen geeigneten Bewerber für die Reststelle gefunden hat. Dies nannte ja auch der Betrieb des klagenden Vaters als Grund für die Absage. Allerdings muss er dann auch nachweisen, dass er sich ernsthaft um Ersatz bemüht hat.

Oft scheitert es aber auch am Mut zum Risiko, wissen Experten. So scheuen gerade kleine und mittlere Betriebe oft vor Teilzeitregelungen zurück, sagt DGB-Genderexpertin Christel Degen. „Das Wissen um Teilzeitmodelle ist wenig verbreitet, die Vorbehalte sind groß.“ Ein starker Rechtsanspruch auf den Teilzeitjob während der Babypause sei sehr wichtig. „Er ist ein Türöffner. Der Chef genehmigt einer Mutter oder einem Vater eine Teilzeitstelle – und merkt dann: Das klappt ja viel besser als erwartet.“

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