Armutszeugnis für Senatoren

HAUSHALT Parks verwildern, Straßen verkommen: Der Senat weiß oft nicht, was er tut und bedenkt nicht die Folgekosten, kritisiert der Rechnungshof

Der Senat handelt nach Meinung des Rechnungshofes zu wenig nachhaltig.

■ Im Klimaschutz hat er keine Prioritäten gesetzt, sich nicht um Effizienz gekümmert und zu wenig getan, um den Folgen des Klimawandels zu begegnen. Der autofreie Sonntag sei wirkungslos gewesen.

■ Bei seinen Bauten hat er den Wertverlust und den Sanierungsbedarf nicht berücksichtigt.

■ Seiner Sozialpolitik fehlten belastbare Ausgangsdaten und überprüfbare Ziele, etwa bei der Integration von Zuwanderern. Diese habe sich kaum verbessert.

Der Senat handelt oft auf der Basis von unklaren Fakten mit unscharfen Zielen; er kontrolliert nicht richtig, ob die Ziele erreicht werden, und kümmert sich nicht um die Folgekosten. So lässt sich das Zeugnis zusammenfassen, das der Rechnungshof dem Senat in seinem Jahresbericht 2012 ausgestellt hat. Der SPD-Regierung bescheinigt er richtige Absichten, allerdings sei noch nicht zu erkennen, wie der Senat sie verwirklichen wolle, sagte der Präsident des Rechnungshofs, Jann Meyer-Abich, bei der Vorstellung des Berichts im Rathaus.

Dabei seien die Probleme drängender denn je: Eine Milliarde Euro Zinsen zahlt die Stadt – jeden zehnten eingenommenen Euro gibt sie hierfür aus. Stiegen die Zinsen auf das Niveau der 90er Jahre, würden daraus zwei Milliarden Euro. „Dann können wir einpacken“, sagte Meyer-Abich.

Als ein Beispiel für typische Fehler nannte er die Internationale Gartenschau (IGS 2013): Den riesigen Park in Wilhelmsburg zu bauen kostet 154 Millionen Euro. Für die Pflege der Anlage in den Jahren danach hat der Senat bei der Planung gerade einmal 30.000 Euro veranschlagt. „Dafür können Sie einen Gärtner beschäftigen“, sagte Meyer-Abich. Inzwischen hat der Senat die Unterhaltungskosten auf 1,5 Millionen Euro jährlich korrigiert.

Ähnlich wie bei der IGS hätten sich die Senate der vergangenen Jahrzehnte sich viel zu wenig um die Folgekosten von Investitionen gekümmert: Parks verwilderten, Schulen verkamen, Straßen wurden nicht unterhalten. Im Hoch- und im Tiefbau sei ein Sanierungsstau in Höhe von 4,7 Milliarden Euro aufgelaufen.

Die IGS ist für den Rechnungshof auch ein Beispiel dafür, dass die Bürgerschaft nicht ausreichend über Kosten und Risiken sowie deren Veränderung informiert wird. War 2001 noch mit fünf Millionen Besuchern und einem Überschuss von fast 14 Millionen Euro gerechnet worden, kalkuliert der Senat jetzt nur noch mit 2,5 Millionen Besuchern und damit, dass sich die Betriebskosten wieder einspielen lassen werden.

Sollten es noch weniger werden, etwa weil die Wilhelmsburger Reichsstraße nicht mehr rechtzeitig verlegt werden kann oder das Wetter nicht mitspielt, zahlt die Stadt drauf. Dies umso mehr, als sie mit der Monorail, die Besucher über das Gelände fahren soll, ein zusätzliches Risiko eingegangen ist. Die Bürgerschaft sei hierüber nicht informiert worden.

Insgesamt handle der Senat zu unüberlegt. „Gut gemeint reicht nicht“, kritisierte der Rechnungshof. GERNOT KNÖDLER