Weinkenner auf Schnüffelkurs

Von Reben, Nasen, Öchslegraden und Bouquets: Weinerlebnisbegleiter vermitteln an der Mosel Einblicke in die Geschichte und Kultur des Weinanbaus. Neben aller Theorie bieten die Kurse auch viele Möglichkeiten, den Traubensaft selbst zu verkosten

VON VERENA WEIßE

„Oh, der stinkt ja wie faule Eier.“ Schnell zieht Kirsten Pfitzer ihre Nase aus dem Glas Weißwein und schüttelt sich. „Hier, riech‘ mal.“ Die Frau neben ihr nickt zustimmend. Kirsten Pfitzer geht zu einem runden Tisch, auf dem viele kleine Gläser stehen. Ein Schild oben drauf verrät den Inhalt des jeweiligen Gefäßes. Nasser Schiefer, Kies, Essig, Rose, Zucchini, Birne, Zitrone, Kokos, Lavendel, Jasmin – der Aromatunnel soll helfen, den Duft des Weines mit seinen unterschiedlichen Aromen zu beschreiben. Die 29-Jährige greift nach dem Glas mit geriebenem Käse, hebt den Deckel ab und steckt ihre Nase hinein. Sie nickt. Ja, dem Geruch kommt der gelbliche Weißwein nah.

Die Frau muss es wissen. Sie ist vom Fach, als Weinerlebnisbegleiterin versucht Pfitzer Gästen und Einheimischen die Besonderheiten des Weines zu erklären. In ihrem Seminar „Schnüffel-Tour – Weinsensorik leicht gemacht“ möchte sie den etwa 20 Teilnehmern den Mythos Wein an diesem Nachmittag in Lösnich an der Mosel näher bringen. Warum schnüffelt und gurgelt man den Wein? Was sieht der Weininteressierte mit den Augen? Wie soll der Wein riechen? „Es werden vier Nasen unterschieden. Die erste bezieht sich auf das gefüllte Glas ohne zu schwenken, bei der zweiten wird das Glas geschwenkt, bei der dritten soll der Wein im Gaumen festgehalten und bei Nase Nummer vier sollen die Dufteindrücke beschrieben werden, die sich dem leeren Glas entlocken lassen“, erklärt Pfitzer.

Die Teilnehmer des Kurses lernen, dass der Duft des Weines abhängt von verschiedenen Faktoren wie Rebsorte, Klima, Boden, Ausbaustil und Gäraromen. Die Farbe wird bestimmt von Rebsorte, Reife, Ausbaustil und Lagerung. Duft und Aussehen des Weines sind vielfältig. Mal riecht er fruchtig, mal blumig, ein anderes Mal eher mineralisch oder nach faulen Eiern, einem alten Putzlappen, nach Essig oder Korken. Letztere weisen auf Mängel hin, die meistens nicht mehr zu beheben sind.

Bernd Decker, gebürtiger Solinger, lebt seit 15 Jahren an der Mosel. Er schnüffelt an seinem Glas Weißwein. „Der riecht ein bisschen nach Vanille, Kirsche und Cassis“, sagt er. Er nimmt zum ersten Mal an einem Weinseminar teil. Früher war der 49-Jährige Biertrinker, heute genießt er gerne ein Glas Wein. „Ich möchte herausfinden, was hinter dem Wein steckt.“ Das möchte auch Anette Tengelmann, die wie Kollegin Pfitzer als Weinerlebnisbegleiterin an der Mosel arbeitet. Wie wird man Weinerlebnisbegleiterin? Dieser Lehrgang beinhaltet etwa 120 Unterrichtsstunden, eine schriftliche und mündliche Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer Trier. Geprüft werden Kenntnisse in Weinbau, Landeskunde, Weinsensorik und Gästeführung. Tengelmann: „Ich möchte den Gästen diese tolle Region näher bringen. Und klar ist: Keine Tour läuft bei uns trocken ab.“