Gestrauchelt schon an der ersten Hürde

Das Korruptionsbekämpfungsgesetz war als Meisterstück der nordrhein-westfälischen Anti-Filz-Politik gedacht. Doch dann wurde mit der Immobilienfirma LEG ausgerechnet eine Landestochter erster Kandidat für das neue Korruptionsregister

Es sollte das Symbol der Entfilzung Nordrhein-Westfalens werden: Das neue Korruptionsbekämpfungsgesetz. Über Monate hatten die Koalitionäre von SPD und Grünen gerungen, um das bundesweit einzigartige Paragraphenwerk auf den Weg zu bringen. Die Theorie ist vorbildlich: Kommunalpolitiker müssen seit März dieses Jahres ihre Einkünfte durchleuchten lassen, und korrumpierenden Unternehmen droht der Eintrag in ein Korruptionsregister und damit ein Ausschluss von öffentlichen Aufträgen. Doch die Praxis wirft Probleme auf: Gleich der erste Präzedenzfall für den Eintrag in das neue Korruptionsregister wurde die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Nordrhein-Westfalen – ausgerechnet eine Landesbeteiligung.

Nach dem Erkenntnisstand der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat sich die Immobilienfirma LEG gleich mehrere Schurkenstücke geleistet, die bestens in das Klischee des Korrupti-Landes NRW passen. Der schillernste Fall spielt dabei in Krefeld: Dort halbierte der Stadtrat im Jahr 2000 eine Abwassergebühren-Forderung an die LEG von 2,6 auf 1,3 Millionen Mark. Im Gegenzug sollen lokale SPD und CDU, schön gerecht verteilt, je 260.000 Mark Schmiergeld erhalten haben.

Da zusätzlich auch Ex-Geschäftsführer und andere leitende LEG-Mitarbeiter mit Schmiergeld und Scheinrechnungen hantiert haben sollen schien der Fall zumindest für die Opposition im Landtag klar: Die LEG müsse ins Korruptionsregister eingetragen werden, forderten unisono CDU und FDP.

Doch es kam anders: NRW-Städtebauminister Michael Vesper (Grüne), der den Eintrag der LEG ins Register hätte verfügen müssen, ließ sein Tochterunternehmen nach einer internen Prüfung des Falls noch einmal davon kommen. Zwar seien die Voraussetzungen durchaus erfüllt, doch habe sein Staatssekretär und LEG-Aufsichtsratschef Manfred Morgenstern die nötigen Schritte zur Korruptionsbekämpfung unternommen, lautete die Begründung.

Tatsächlich ist mittlerweile die gesamte LEG-Führung ausgetauscht und ein Anti-Korruptionsbeauftragter im Unternehmen berufen worden, doch bleibt die Frage: Wenn die LEG es kann, welches Unternehmen kann sich dann nicht mit einer einfachen Personalrochade vom öffentlichen Auftragsbann schützen? Für den FDP-Landtagsabgeordneten Karl-Peter Brendel liegen die Schwächen im Gesetz selbst: Es sei zu unklar formuliert, sagt er. „Die Landesregierung kann ihr eigenes Gesetz nicht handhaben.“ Ein anderer Oppositionspolitiker spricht im Fall LEG gar von der „Kraft souveräner Willkür.“

Auch der Bund der Steuerzahler (BdSt) in NRW sieht noch Schwierigkeiten in der Umsetzung des Korruptionsbekämpfungsgesetzes: „Die Geschehnisse um die LEG zeigen, dass noch gewisse Spielräume vorhanden sind“, sagt Vorstandsmitglied Heinz Wirz. Er warnt: „Die Anwendung darf nicht von der politischen Opportunität abhängen.“ Dennoch bestätigt Wirz der Landesregierung zumindest „eine Ernsthaftigkeit des Bemühens“ in der Korruptionsbekämpfung. „Das Gesetz geht in die richtige Richtung“, sagt er. Um wirklich gegen das „Massenphänomen Korruption“ angehen zu können, bedürfe es eines Bewusstseinswandel in der Gesellschaft. Und der benötige, neben schärferen Gesetzen, vor allem eines: „Viel Zeit.“

KLAUS JANSEN