„Absage an Gewaltmoral“

Vogeler: Vom Jugendstil zum Politaktivismus

wurde unter anderem mit dem Oldenburger Carl v. Ossietzky-Preis für seine „herausragende verlegerische Leistung“ ausgezeichnet

taz: Unter den Titel „Nicht mehr hassen!“ haben Sie Texte von Heinrich Vogeler verlegt, die Sie heute Abend gemeinsam mit dem Rezitator, Schauspieler und Synchronsprecher Horst Breiter präsentieren. Was ist das Besondere an dieser Auswahl?

Helmut Donat: Zum einen handelt es sich um Texte aus den 1930er Jahren, beispielsweise eine wunderbare Würdigung von Paula Becker-Modersohn, die Vogeler im Exil in deutschsprachig in Moskau erschienenen Zeitungen veröffentlicht hat. Sie waren bislang nur sehr schwer zugänglich und zeigen, dass Vogeler neben seinen Fähigkeiten als bildender Künstler auch literarisch sehr begabt war – eine seltene Mischung, die meisten Maler können ja nicht schreiben. Die Texte aus den Jahren 1917 und 1918, die heute Abend zum Teil erstmals vorgestellt werden, wie sein Brief von der Ostfront an die Tochter Mike, zeigen Vogeler als Pazifisten reinsten Wassers.

Zuvor diente er sich als Freiwilliger bis zum Unteroffizier hoch und arbeitete als Armeezeichner. Wird das bei Ihnen auch thematisiert?

Ja. Man muss aber sagen, dass Vogelers Bilder nie kriegsverherrlichend sind. Durch die Erlebnisse an der Front vollzieht er eine radikale Abkehr vom Militarismus, die er im Brief an seine Tochter genau begründet. Zurück in Worpswede schreibt Vogeler dann das „Märchen vom lieben Gott“ mit seinem Friedensappell an den Kaiser, wegen dem er ins Osterholzer Irrenhaus eingeliefert wird. Seine Absage an eine Moral der Gewalt ist sehr aktuell, nicht zuletzt angesichts des auch von Deutschland geführten Afghanistan-Krieges.

Interview: Henning Bleyl

Lesung: 19 Uhr bei Leuwer am Wall, musikalisch umrahmt durch den Gitarristen Ron Bremer