Prügelszenen bei St. Maria zu den Engeln

Die Schule einer erzkonservativen Priesterbruderschaft in Saarbrücken steht wegen rabiater Erziehungsmethoden in der Kritik. Während die CDU den handgreiflichen Lehrern eine letzte Chance geben will, fordern SPD und Grüne die Schließung der Anstalt

AUS SAARBRÜCKEN KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Sie haben gebetet und den Himmel bestürmt, damit Gott ihnen endlich wieder „einen heiligen Papst schenkt, welcher alles in Christus erneuert und den Triumph des Christenkönigs herbeiführt“. Das hat dann auch geholfen. Die Mitglieder und Sympathisanten der extrem konservativ ausgerichteten Priesterbruderschaft St. Pius X. haben sich – so wie der neue Papst – ganz dem „Kampf gegen den Modernismus“ verschrieben.

Offenbar mit allen Mitteln. In einer Privatschule der Priesterbrüder in Saarbrücken jedenfalls wurde den Kindern der Lernstoff auch schon mal eingeprügelt. Die Herz-Jesu-Schule im Priorat St. Maria zu den Engeln des Ordens, der sich auf die Lehren des 1988 vom Papst exkommunizierten Bischofs Marcel Lefebvre beruft, ist jedenfalls in Verruf geraten.

Die Sozialdemokraten im saarländischen Landtag fordern bereits die Schließung der „Fundamentalistenschule“. Der SPD-Abgeordnete Peter Gillo spricht von „Erziehungspersonal mit unzureichender Ausbildung“, das Kultusministerium verschickte mit dem Segen der christdemokratischen Mehrheitsfraktion schon einmal eine Abmahnung an die Priesterbrüder. „Schonungslos“ seien die Vorgänge zu untersuchen, forderte auch der Landes- und Fraktionsvorsitzende der Grünen, Hubert Ulrich. Gewaltanwendung gegen Schüler sei schließlich „kein Kavaliersdelikt“.

Heute tagt der Bildungsausschuss des Landtags. Die politischen Fronten sind klar: Die Union will eine „zweite Chance“ für die Priesterbrüder, die SPD verlangt die Schließung der Schule. FDP und Grüne melden „Aufklärungsbedarf“ an.

Inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft in Saarbrücken gegen die Lehrer und die Leitung der Grund-, Haupt- und Realschule, für die ein Schulverein mit dem Namen „Don Bosco“ die Trägerschaft übernommen hat. Dieser Verein ist nicht identisch mit dem „Don-Bosco-Werk“ des Ordens der Salesianer. Der Name des heilig gesprochenen italienischen Priesters und Erziehungswissenschaftlers Don Bosco ist offenbar gesetzlich nicht geschützt.

Anzeige erstattet hatte die Mutter eines ehemaligen Realschülers, der mehrfach geschlagen, mit dem Kopf in die Bücher gestoßen und auch schon mal in den Keller eingesperrt worden war. Nachdem die Schulleitung zunächst versuchte, die Vorwürfe als „Rachefeldzug“ der Mutter eines relegierten Schülers darzustellen, steht nach Untersuchungen des Kultusministeriums inzwischen fest, dass es an der konservativen Ordensschule über Jahre hinweg immer wieder zu Übergriffen einzelner Lehrer auf Schüler kam. Die Schule, die gegenüber den Medien jede Stellungnahme verweigert, habe Übergriffe „in Einzelfällen“ eingeräumt.

CDU-Fraktionschef Peter Hans, sprach von „mehreren Fällen“, die nicht bagatellisiert werden dürften. Nur weil der SPD die Einrichtung weltanschaulich nicht passe, könne man aber nicht gleich die „große Schließungskeule“ schwingen, sagte Hans. Er stellte allerdings auch klar: „Noch so ein Vorfall, und die Schule ist dicht.“

Eine „gute schulische und charakterliche Ausbildung“ wolle man den Schülern zukommen lassen, heißt es allgemein in den Leitlinien der Schule, die fast ausschließlich von Kindern von Mitgliedern oder Sympathisanten der Priesterbruderschaft besucht wird. Die Erziehungsmethoden der rabiaten Lehrer würden deshalb von vielen Eltern gebilligt, glaubt der SPD-Abgeordnete Gillo.

Der eine Schüler, dessen Mutter Anzeige erstattete, wurde von der Schule verwiesen, weil er während des Unterrichts das Pubertäts-Fachblatt Bravo gelesen hatte – und nicht das Mitteilungsblatt der Priesterbruderschaft, in dessen aktueller Ausgabe der Distriktobere Pater Nikolaus Pfluger wider die „linksgesteuerten Medien“ wettert und lobend aus der Jungen Freiheit zitiert.