Per Mandat zum VIP

FREIKARTEN Gutachten soll klären, ob Abgeordnete bei Veranstaltungen repräsentieren

Die Fraktionen wollen bis zu einer endgültigen Klärung auf die Freikarten verzichten

Die Debatte um die Annahme von Freikarten durch Parlamentarier geht weiter. Das Berliner Abgeordnetenhaus will jetzt auf Vorschlag des Präsidenten ein neues Gutachten in Auftrag geben, um rechtliche Klarheit zu bekommen. Eine kürzlich vorgelegte Studie der Hausjuristen reicht den Parlamentariern nicht, weil sie nur ein Einzelbeispiel beleuchtet. Die Abgeordneten erwarteten eine generelle rechtliche Bewertung der Annahme von Freikarten, sagte am Donnerstag der Linke-Fraktionsgeschäftsführer Uwe Doering. Darauf hätten sich die Parlamentarischen Geschäftsführer aller fünf Fraktionen am Mittwoch verständigt.

Das seit zwei Wochen vorliegende Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes (WPD), das auf eine Anregung der Grünen zurückgeht, hatte die Frage nur anhand des Fußballklubs 1. FC Union Berlin bewertet. Da dieser ein gemeinnütziger Verein sei, dürfe er keine Spenden geben, wozu Freitickets gezählt würden. Die Nutzung würde deshalb gegen das Spendenannahmeverbot im Parteien- und Landesabgeordnetengesetz verstoßen. Die Abgeordneten wollten nun auch präzise wissen, wie die Frage der Freikartenvergabe bei landeseigenen Theatern oder Opern zu sehen sei, sagte Doering. Bisher sei „im guten Glauben“ gehandelt worden, dass ein Abgeordneter als Mandatsträger auch Repräsentationspflichten wahrnehme, wenn er kulturelle oder Sportveranstaltungen besuche, und die kostenlosen Tickets deshalb kein Problem seien. Zugleich solle eine Liste mit allen Kulturinstitutionen und Sportvereinen erstellt werden, die derzeit Freikarten an das Abgeordnetenhaus abgeben, sagte Doering. Die Finanzverwaltung werde gebeten zu erklären, in welchen Fällen ein geldwerter Vorteil gegeben sei. Dann müsste die Leistung versteuert werden, sofern nicht zwingende berufliche Gründe für die Teilnahme vorlägen. Die steuerlichen Fragen müssten eindeutig geklärt werden, damit die Abgeordneten rechtlich auf der sicheren Seite seien, sagte Doering. Gegebenenfalls sollten Gesetze oder Verhaltensregeln für Abgeordnete verändert werden. Strafrechtlich relevant ist die Annahme von Freikarten für Abgeordnete laut Gutachten nicht.

Unabhängig davon wollen die Fraktionen bis zu einer endgültigen Klärung vorerst auf die Freikarten verzichten. Die Piraten hatten angekündigt, generell keine derartigen Tickets nutzen zu wollen. Den Berlinern sei nicht zu erklären, warum Abgeordnete damit und mit VIP-Plätzen beschenkt würden, argumentierten sie. Die Grünen plädieren über das Gutachten hinaus für die Einsetzung einer Kommission mit externen, unabhängigen Fachleuten, um zu einer „sauberen Lösung“ zu kommen, wie ein Fraktionssprecher sagte. (dapd)