… DIE BVG?
: Auf mehr Schwarzgeld hoffen

Freud und Leid liegen oft eng beieinander. Eigentlich eher glücklich brachte die junge Kollegin am Dienstag einen – wie sich später herausstellte – wohlschmeckenden Kuchen mit in die Redaktion. Allerdings blickte sie traurig drein. Der Grund: Das nicht untertrieben riesig zu nennende Stück Gebäck hatte sie am Fahrscheinautomat der BVG erheblich behindert. Zwei U-Bahn-Stationen später warf ihr ein Kontrolleur Schwarzfahren vor – und kassierte 40 Euro. Dabei wollte die Kollegin an ihrem Geburtstag nur pünktlich zur Arbeit und zum Anstoßen kommen.

Hier kommt die Farbenlehre des Öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) ins Spiel. Handelt es sich bei der Redakteurin um eine klassische Schwarzfahrerin, die des schnöden Mammons wegen die BVG (und so alle Nutzer von Bus und Bahn) prellen wollte? Oder ist sie eher eine „Graufahrerin“? So heißen im ÖPNV-Jargon jene Menschen, die unbeabsichtigt schwarzfahren: weil sie etwa am Automat scheitern und ein falsches Ticket lösen, bei einer Kontrolle aber trotzdem zur Kasse gebeten werden.

Dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ist diese Unterscheidung schnuppe. Er fordert, dass das „erhöhte Beförderungsentgelt“ noch weiter erhöht wird: 60 Euro sollen Schwarzfahrer in allen Schattierungen künftig zahlen. Festgelegt wird die Strafe vom Bundesverkehrsministerium mit Zustimmung des Bundesrats.

Bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) freut man sich über die VDV-Forderung. „Wir erhoffen uns dadurch eine deutliche Abschreckung“, sagt Sprecher Klaus Wazlak. Schließlich gingen der BVG jedes Jahr mehr als 20 Millionen Euro durch Fahrten ohne Fahrerlaubnis flöten. Und der Preis des Straftickets sei, so Wazlak, seit fast zehn Jahren nicht mehr erhöht worden.

Künftige KuchentransporteurInnen können indes zumindest vorläufig aufatmen. Denn die BVG steht in Berlin mit ihrem Wunsch allein da. „Keinen Handlungsbedarf“ sieht der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg, zu dessen 44 Mitgliedern auch die BVG gehört. „Keinen aktiven Handlungsbedarf“ sieht gar die Senatsverwaltung für Verkehr. Deren Sprecherin, Daniela Augenstein, merkte an, dass es der BVG nur bedingt gelinge, „fällige Strafgelder tatsächlich einzutreiben“. Oftmals hätten Schwarzfahrer wirklich kein Geld.

Der VBB wünscht sich statt höherer Strafen intensivere Kontrollen. Sollte das wahr werden, gilt der Tipp: bitte in Zukunft kleinere, handlichere Kuchen transportieren. Die behindern weniger am Automaten, und man kann im Falle eines Falles vielleicht gerade noch rechtzeitig vor dem Kontrolletti aus der Bahn springen. Nur die Kollegen sind traurig, weil’s weniger Süßes gibt. BIS Foto: Archiv