Wer seinen Fehler erkennt, kriegt einen Engel

Die „Kircheneintrittsstelle“ in der Kölner City kann sich vor Bewerbern kaum retten. Seit Eröffnung des schlichten Büros neben der Antoniterkirche im November 2003 sind gut 500 Menschen (wieder) in die evangelische Kirche eingetreten

Köln taz ■ Aus der Kirche auszutreten, ist kein großer Akt. Eine Unterschrift beim Amtsgericht, ein gültiger Personalausweis – schon ist man konfessionslos. 2.400 Personen traten 2003 aus der evangelische Kirche im Rheinland aus.

So einfach müsste das umkehrt auch gehen, dachte man sich bei der evangelischen Kirche und richtete „Kircheneintrittsstellen“ ein. Eine davon befindet sich mitten in der Kölner Innenstadt: im CityPavillon neben der Antoniterkirche. Seit ihrer Eröffnung im November 2003 sind in dem schlichten Büro der „Kircheneintrittsstelle Köln Innenstadt“ 500 Leute in die evangelische Kirche eingetreten, die meisten von ihnen waren zuvor aus eben jener Kirche ausgetreten.

Eckart Schubert ist Superintendent im Ruhestand und gehörte zu denen, die das Projekt initiiert haben. Er ist kommissarischer Leiter der Kircheneintrittsstelle. „Am Anfang“, sagt Schubert, „kamen vor allem Leute, die älter waren als 60.“ Wären sie bei ihrem Gemeindepfarrer eingetreten, wären sie öffentlich aufgenommen, im Gottesdienst erwähnt worden. Und das sei vielen doch unangenehm gewesen. Gerade die älteren, so Schubert, hätten mit diesem Schritt einen „früheren Fehler wiedergutmachen wollen“, sie hätten ein schlechtes Gewissen gehabt, überhaupt ausgetreten zu sein.

Schubert erzählt von einer Frau, „die hier eintreten wollte, weil sie ihrem Gemeindepfarrer nicht in die Augen sehen konnte“. Heute kämen in der Hauptsache die 25-45jährigen, und die hätten ganz andere Gründe. Für die Jungen sei der Kircheneintritt einfach „etwas Gutes“. Ihre Motivation: Sie möchten kirchlich heiraten, ihr Kind taufen oder Pate werden. Manche müssten eintreten, weil sie bei kirchlichen Arbeitgebern arbeiten wollen. Warum sie jemals ausgetreten sind, werden sie nicht gefragt. Wer wieder eintritt, muss keine „Glaubensprüfung“ fürchten. Leuten, die zuvor aufgeregt sind, verspricht Schubert, dass sie den Raum „mit einem Lächeln verlassen werden“.

Eigentlich muss ja nur ein schlichtes Formular ausgefüllt werden. Doch da das selbst für die evangelische Kirche zu schlicht und pragmatisch ist, gibt es das, was Schubert „einen kleinen lithurgischen Schluss“ nennt: Die zurückgekehrten Schäfchen bekommen eine Karte mit einem Psalm überreicht. „Und dann fragen wir sie, ob wir ihnen einen Engel mitgeben dürfen.“ Es ist kleiner Metallengel in einem Schmuckkarton.CHRISTIAN GOTTSCHALK