Deutsche gegen den Rest der Welt

SOZIALE NETZWERKE StudiVZ und seine Ableger geben sich einen Datenschutzkodex. Firmenchef Markus Berger de Leon will damit sogar offensiv werben. Andere Anbieter dagegen öffnen ihre Datenbestände

„Weil die Daten in unserem Netz bleiben, lassen sie sich entfernen“

MARKUS BERGER DE LEON, STUDIVZ

BERLIN taz | StudiVZ, SchülerVZ und MeinVZ, noch immer die populärste Familie sozialer Netzwerke in Deutschland, hat ein Imageproblem: Die drei Plattformen, auf denen Nutzer kommunizieren, Multimediainhalte einstellen und ihre Interessen in einem Profil darstellen können, wollten schließlich mit personalisierter Werbung das große Geld verdienen, bei der genaue Daten über die Zielgruppe eine wichtige Rolle spielen.

Das will die zum Medienkonzern Holtzbrinck gehörende Berliner Firma zwar immer noch, doch soll dies deutlich sanfter geschehen. In einem neuen Kodex, den das Unternehmen am Dienstag vorstellte, wird die Rolle des Datenschutzes betont.

Zum neuen Kodex gehören diverse Selbstverpflichtungen. So will StudiVZ an Werbepartner keine persönlichen Informationen übermitteln und Nutzern jederzeit die Möglichkeit geben, Daten zu löschen. An Suchmaschinen sei StudiVZ grundsätzlich nicht angeschlossen. „Das Netz vergisst nie, das stimmt normalerweise schon“, sagt Firmenchef Markus Berger de Leon, „aber weil die Daten in unserem Netz bleiben, lassen sie sich entfernen.“

Das zum neuen Kodex dazugehörige „Manifest“ stellt StudiVZ seinen Nutzern seit dieser Woche vor – und hofft, dass auch andere soziale Netzwerke mitmachen. Hinzu kommt, dass die Firma ihre Datenschutzarbeit von den strengen Landesdatenschützern in Schleswig Holstein testieren lässt. Neue Geschäftsbedingungen (AGB) sollen darüber hinaus für mehr Klarheit sorgen, was StudiVZ darf und was nicht. Wer will, kann aber auch weiterhin zu den alten Konditionen dabei bleiben.

Berger de Leon sagte, der neue Kodex könne auch ein Werbeargument für die sozialen Netzwerke sein, die sich ihm anschließen: Deutschland habe eine derart strenge Datenschutzgesetzgebung, da könne man sich gegenüber ausländischen Mitbewerbern absetzen.

Der Trend im Internet insgesamt geht unterdessen in eine andere Richtung. So galt bei den meisten größeren sozialen Netzwerken bislang als Standard, dass ihre Inhalte nicht von Suchmaschinen erfasst wurden. Somit konnte eine flapsige Bemerkung oder ein unschickliches Bild relativ schnell aus dem Internet entfernt werden, wenn man es nur aus dem sozialen Netzwerk nahm.

Doch aktuell kommt es zu einer schrittweisen Öffnung: So arbeitet man beim US-Riesen Facebook mit seinen 200 Millionen Mitgliedern an Einstellungen, die es erlauben, die Statusbotschaften („Was machst du gerade?“) auch ins restliche Web hineinzupublizieren, wo sie dann auch von Google erfasst werden könnten.

Twitter, der 140-Zeichen-Kommunikationsdienst, wird bereits größtenteils öffentlich verwendet. Wer hier sein Profil sperrt, gilt als Außenseiter. Dass eine solche Sperre manchmal gut wäre, zeigt ein aktueller Fall aus den USA: Dort wurde in der vergangenen Woche eine Mieterin wegen übler Nachrede verklagt, weil sie sich in einer einzelnen Nachricht über ihre Wohnungsverwaltung ausgelassen hatte. Die Frau hatte laut einem Bericht des Fachdienstes „Mashable“ nur 20 Freunde, die ihrem Twitter-Feed folgten, doch war ihre Kritik problemlos über die Suchmaschine des Dienstes auffindbar. BEN SCHWAN

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