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: Peter Pander will kein Messias sein

Nach Trainer Dick Advocaat geht beim Abstiegskandidaten Borussia Mönchengladbach auch der Sportdirektor Christian Hochstätter

Eigentlich müsste Rolf Königs langsam etwas sauer werden auf seine leitenden Angestellten. Innerhalb einer Woche sind dem Präsidenten von Borussia Mönchengladbach seine beiden wichtigsten Mitarbeiter davongelaufen. Am Montag trat Trainer Dick Advocaat zurück, und am gestrigen Donnerstag gab auch Sportdirektor Christian Hochstätter seinen Abschied bekannt. Aber Königs wirkte zufrieden statt enttäuscht, er sprach von einem „harmonischen Stabwechsel“, und wie für die Trainerposition präsentierte er gleichzeitig mit der Nachricht vom Abschied einen Nachfolger für den Posten des Sportdirektors. Gut gebräunt saß gestern Peter Pander, 44, auf dem Podium im Presseraum des Klubs und freute sich ganz offensichtlich– ein Gefühl, das in der Mönchengladbacher Fußballwelt fast schon vergessen war. Hochstätter hatte zuletzt stets besorgt und deprimiert gewirkt, und Advocaat war nie ein Freund des Spaßes. „Ich bin kein Messias“, verkündete Pander, der im Spätsommer 2004 den VfL Wolfsburg verlassen musste, „aber ich versuche, das eine oder andere von der Mannschaft zu nehmen.“

Gelingt ihm das, wäre schon einiges erreicht. Denn Hochstätter war längst so sehr mit seiner eigenen Situation beschäftigt gewesen, dass er eher ein Unruhefaktor als ein Schutzschild war. Am Dienstag, als Interimstrainer Horst Köppel sein erstes Training leitete, musste vorher unter Protesten der Fans ein Transparent entfernt werden. „Herr Hochstätter, auch ihre Zeit ist abgelaufen!“, war dort zu lesen. Der Sportdirektor konnte sich angesichts der Erfolglosigkeit und der katastrophalen Personalpolitik des Klubs nicht mehr hinter den wechselnden Trainern verstecken. „Er hat uns nahe gelegt, einen Nachfolger für die kommende Saison zu suchen“, erläuterte Königs, doch nach einem „Vorstellungsgespräch“ (Königs) mit Pander entschloss man sich zum sofortigen Wechsel.

Pander plant nun, „Ruhe hereinzubringen, den Klub kennen zu lernen und der Mannschaft das Gefühl zu geben, dass sie es schaffen kann.“ Über die Zukunft, einen Nachfolger für Köppel oder gar neue Spieler wolle er zunächst nicht nachdenken. Die Gegenwart ist ja auch schwer genug. Dem Spiel am kommenden Sonntag in Nürnberg folgen Partien gegen Stuttgart, in Hamburg, gegen Berlin und in Leverkusen – bei einem Punkt Vorsprung auf Platz 16.

Es wird also ziemlich schwer, die von Holger Fach, Dick Advocaat und eben Hochstätter hinterlassene Situation zu einem guten Ende zu führen. Wobei das Wirken Hochstätters durchaus zwei Seiten hat. Der Verein hat sich während seiner Zeit wirtschaftlich und strukturell enorm entwickelt, die Umsätze sind gestiegen, das neue Stadion ist entstanden, doch sportlich herrschte Stagnation. Mit Ewald Lienen, Holger Fach und zuletzt Dick Advocaat verpflichtete er drei erfolglose Trainer, und die zahlreichen Spieler, die in den vergangenen drei Hochstätter-Jahren verpflichtet wurden, verbesserten die Mannschaft nicht. Nach 23 Jahren verlässt Hochstätter nun den Klub, für den er von 1982 bis 1998 als Spieler 339 Bundesligaspiele absolvierte, bevor er 1999 den Posten des Sportdirektors übernahm.

Mit ihm ist nun die letzte sportlich kompetente Konstante aus der Vereinsspitze verschwunden. Geschäftsführer Stephan Schippers und Präsident Königs sind Wirtschaftsleute – die Verantwortung in die Hände von Pander zu legen ist daher nicht ohne Risiko. Der Zeitpunkt der Entscheidung ist aber nur konsequent, denn die Verpflichtung eines neuen Trainers und die Zusammenstellung des neuen Kaders stehen in den kommenden Wochen an, und in genau diesen Fragen lag Hochstätter zuletzt meist falsch.

Vergessen darf man allerdings nicht, dass der mächtigste Mann schon länger Rolf Königs ist, er hat alle Personalentscheidungen mitgetragen und ist vielleicht auch Strippenzieher der Trennung von Hochstätter. Etwas peinlich berührt musste der Präsident zugeben, dass Hochstätter eine Abfindung erhält, eigentlich unüblich für einen Mitarbeiter, der aus freien Stücken geht. „Im Fußball ist das alles etwas anders“, sagte Königs. Vielleicht wirkte er an diesem Nachmittag so zufrieden, weil die Ereignisse dieser Woche ganz in seinem Sinne waren. DANIEL THEWELEIT