Ein harter Hund, der sich auch selbst so sah

Der frühere Generalbundesanwalt Kurt Rebmann ist tot. Gegen den RAF-Terror propagierte er den „starken Staat“

In seinem Amtszimmer hing ein Spruch von Friedrich dem Großen. „Wenn ich in die Hände der Feinde falle, unternehmt nichts zu meinem Schutz.“ Das hatte Kurt Rebmann, oberster Strafverfolger auf dem Höhepunkt des Terrors der Roten Armee Fraktion, durchaus im Ernst gemeint. Der Sohn einer schwäbischen Beamtenfamilie, der am 1. Juli 1977 dem von der RAF ermordeten Siegfried Buback an die Spitze der Karlsruher Bundesanwaltschaft folgte, sagte in einem seiner letzten Interviews: „Ich habe damals erklärt, dass dieser Befehl auch für mich gelten soll.“ Ein harter Hund – und als solchen sah er sich auch selbst.

Geboren wurde der Jurist am 30. Mai 1924 in Heilbronn. Er machte schnell Karriere. Mit 27 Jahren wurde er Landgerichtsrat, 1963 holte Ministerpräsident Kurt Georg Kiesinger den damals 41-Jährigen ins Stuttgarter Justizministerium. Bundesweit bekannt wurde Rebmann allerdings erst im Zusammenhang mit dem bewaffneten Kampf der RAF. Im traumatischen Deutschen Herbst 1977 war er eine der zentralen Personen. Bereits als Ministerialdirektor in Stuttgart war er mit den Prozessen gegen die Baader-Meinhof-Gruppe befasst.

Rebmann profilierte sich jetzt zunehmend mit repressiven Positionen. So votierte er für Abhöraktionen, befürwortete in der Debatte um das „Kontaktsperregesetz“ die Einschränkung von Verteidiger- und Angeklagtenrechten, setzte sich später auch für eine Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts ein. Er gab zu bedenken, ob in Entführungsfällen den Tätern nicht die Todesstrafe angedroht werden sollte. Nur ein „starker Staat“ sei in der Lage, der terroristischen Herausforderung zu begegnen.

Nach 13 Jahren im Dienst der Generalbundesanwaltschaft bestritt Rebmann im Frühjahr 1990 die letzte seiner turnusgemäßen Halbjahrespressekonferenzen. Dem Ende seiner Karriere würdig, präsentierte er – die Mauer war gerade gefallen – den bisher größten Spionagefall in der alten Bundesrepublik. Aber auch am Vorabend seiner Pensionierung blieb der Sicherheitsfanatiker seiner alten Linie treu: Die RAF sei, wie der Mord an Bankchef Alfred Herrhausen im November 1989 gezeigt habe, weiterhin zu „schwersten Straftaten bis hin zum Mord“ fähig. Nach ihrem zehnten Hungerstreik zeigten sich zwar die ersten Auflösungserscheinungen im Kollektiv der Guerilla, nicht aber im Weltbild des Law-and-Order-Mannes.

Einen Wunsch hat sich der Liebhaber edler Weine aber nicht erfüllen können: Zu gern hätte er seine Laufbahn mit dem Präsidententitel des Bundesgerichtshofs gekrönt. Dem standen immer die anderen Bundesrichter entgegen. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass der „befehlsgewohnte Strafverfolger mit dem Amtsstil eines Operettenfürsten“ in die Richterrolle passe.

Wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe gestern mitteilte, ist Kurt Rebmann in der Nacht zum Donnerstag im Alter von 80 Jahren in Stuttgart gestorben.

WOLFGANG GAST