Sprayen wird allenfalls billiger

Das geplante Gesetz gegen Graffitis schreckt nicht ab. Das Bemalen fremder Hauswände galt meist schon als Sachbeschädigung. Künftig werden nur Gutachten überflüssig

FREIBURG taz ■ Für Sprayer wird sich wenig ändern. Die geplante Verschärfung des Strafgesetzbuches wird kaum dazu führen, dass mehr Graffiti-Produzenten verurteilt werden – allenfalls beschleunigen sich die Prozesse ein wenig. Heute berät der Bundestag erstmals einen rot-grünen Gesetzentwurf, nach dem Sachbeschädigung auch dann strafbar sein soll, wenn „unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend beeinträchtigt wird“.

Bisher war das Besprayen fremder Hauswände nur dann als Sachbeschädigung strafbar, wenn es zu einer „Substanzverletzung“ kam. Im Zweifel musste per Gutachten nachgewiesen werden, dass bei der Reinigung die Wand etwas geschädigt wurde. Künftig kann auf solche Gutachten verzichtet werden. Wie häufig solche Expertisen nötig waren, ist statistisch nicht erfasst. Bei einer Anhörung im Mai 2003 gingen Sachverständige jedoch davon aus, dass die Gutachten in der Regel eine Substanzverletzung belegen.

Sprayer müssen daher nicht stärker zittern als bisher: Was künftig ausdrücklich strafbar sein soll, war faktisch auch bisher strafbar. Unter dem Strich könnte das Verfahren in Einzelfällen für sie sogar billiger werden, da der Verurteilte auch die Gutachterkosten zu zahlen hat.

Die Grünen hatten sich bisher einer Gesetzesänderung verweigert, weil sie symbolische Strafrechtsverschärfungen ablehnen. Fraktionsvize Christian Ströbele will daher dagegen stimmen (siehe taz von gestern) – obwohl er der offizielle Verhandlungsführer war. Doch die grüne Einigung mit den Sozialdemokraten kam ohne ihn zustande: Er und auch der SPD-Verhandlungspartner Hermann Bachmaier weilten gerade in Karlsruhe, um die Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über den Europäischen Haftbefehl zu verfolgen.

Nach Ströbele wird die Neuregelung vor allem Leute treffen, die mit Leim Plakate an Hauswände und Trafokästen kleben. Denn bisher war es meist möglich, diese wieder abzulösen, ohne Substanzschäden zu hinterlassen. Jetzt sollen nur noch Klebestreifen straffrei sein.

Die Oppositionsparteien CDU/CSU und FDP fordern schon seit langem ein Anti-Graffiti-Gesetz. Sie gehen davon aus, dass das verschärfte Strafrecht abschreckt. Doch auch künftig gilt: Wer nicht erwischt wird, wird nicht bestraft. Gleiches gilt für den Schadensersatz an den Hauseigentümer, der unabhängig von einer Substanzverletzung schon immer fällig war: Auch er hängt letztlich daran, dass der Urheber bekannt ist.

CHRISTIAN RATH