Seemänner, Frauen, seltsame Menschen

GALERIEKONZERT Filmbilder der Siebzigerjahre, Trashrock von Malakoff Kowalski und Italienerinnen: Begegnung der Künste in der LC Art Gallery

Und es hat sich doch gelohnt. Die Warterei, weil man sich auf Berliner Uhrzeiten nicht verlassen kann und die Galerie die Eröffnung für 19 Uhr bestimmt hatte. Das Lesen im Park, die Telefonate, der ausgedehnte Spaziergang durch die werdenden Fassaden Mittes, der Imbiss. Draußen sitzen und den Verkehr der Torstraße vorüberziehen lassen. Die Touristen, die Wannen, die Chopper. Dann die Bilder in der Galerie, seltsam und fast nichtssagend, kreischend und sperrig, der Junge, der in der Galerie Skateboard fuhr, die plaudernden Italienerinnen, die Gesichter der anderen Gäste, die im nüchternen Neonlicht einer Ausstellung immer etwas verhärmt aussehen. Dass Italienerinnen anwesend waren, war kein großer Zufall, denn die Galerie heißt LC Art Gallery, und das LC steht für Lucas Carrieri, schöner Name.

Nach Stunden kommt dann der Auftritt von Malakoff Kowalski. Wie gesagt, das Warten hat sich gelohnt, denn Kowalski spielte eine schön schmutzige Trashrockgitarre, dazu hatte er in Sebastian einen beflissenen Schlagzeuger, der Bassist, Gabriel Kowalski, fiel aus. Malakoff Kowalski ist nach Jansen & Kowalski, die sich nach nur einer CD aufgelöst haben, jetzt auf Solopfaden unterwegs, bald kommt seine neue Platte, die ironisch großspurig „Neue Deutsche Reiselieder“ heißt.

In der LC Art Gallery gab es also so etwas wie ein Vorabkonzert in Kleinbesetzung. Trashrock, deutsche, nicht gleich verständlich werdende Texte, unter anderem über Seemänner, Frauen, seltsame Menschen an der Supermarktkasse. Dazu guter Gesang, ein leichter Einfluss von irgendwo anders her, vielleicht Cabaret, vielleicht Chanson. Angekündigt war dieser polizeilich nicht erlaubte Gig, der dann auch nach 25 Minuten und ohne Einsatz der Staatsgewalt wieder zu Ende war, unter den Schlagworten New Deutsch Kraut, Post-Brahms, Ruinen-Elektro, bis aufs erste (mit Abstrichen) stimmte das alles nicht, außer vielleicht bei den Bildern.

Der Film, der im Hintergrund an die Wand gestrahlt wurde, stammte von Klaus Lemke, Siebzigerjahre. Schöne Menschen verhielten sich, wie sich schöne Menschen in Siebzigerjahre-Filmen verhielten. Eine Braut im Rosenblätterregen, ein Foto-shooting, eine Verfolgungsjagd, Menschentrauben, eine Parade, New York Cops. Irgendwann geriet das World Trade Center ins Bild, dazu die dröhnende, gut laute Musik Kowalskis, das passte. Ein Hubschrauber flog um die Türme herum, und man hatte Angst, dass er hinein fliegen würde. Das WTC war ein unfassbar schönes Gebäude. So auf Film jedenfalls.

Lemke, noch ein wenig Information zum Schluss, ist ein Filmregisseur, der viel fürs Fernsehen gemacht hat, außerdem dafür bekannt wurde, Bayerisch und Szenenenglisch gegeneinander zu schneiden. Er hat vor allem mit LaiendarstellerInnen gearbeitet, vor zwei Jahren hat er den Schwabinger Kunstpreis gewonnen; vor drei Jahren spielte er in der deutschen Low-Budget-Komödie „Die Quereinsteigerinnen“ mit. Bekannt wurde er mit dem Film „48 Stunden bis Acapulco“ von 1967.

Kowalski heißt eigentlich Aram Pirmoradi, trug auf der Bühne einen Hut, der ihm fantastisch stand, dazu dunkle Augenbrauen. Nach drei Jahren und Gastbeiträgen zum Beispiel bei 2Raumwohnung hat er jetzt endlich sein eigenes Album im Kasten, und es könnte, nach dieser kurzen Kostprobe, ein gutes sein. Die Musik jedenfalls klang. Nach Hamburg kam für ihn Kreuzberg, auch das passt. Eine Single ist schon draußen, sie heißt „Andere Leute“, über die Texte lässt sich wie gesagt noch nicht viel sagen, die Platte erscheint als Vinyl und zum Herunterladen im August. Haltet Ausschau.

RENÉ HAMANN

■ Malakoff Kowalski: Neue-Deutsche-Reiselieder-Release-Party am 28. 8., White Trash