Opel brutaler

taz nrw ließ streiten: Über Opel-Bochum und die Zukunft der Autoindustrie

„Es ist ja nicht so, dass wir uns immer in den Armen liegen“, sagte Jürgen Rosenthal am Donnerstag bei der Veranstaltung der taz nrw in Bochum. Das Publikum schmunzelte. Weder der einstige Streik-Aktivist von Opel-Bochum noch viele Opelaner im Saal hatten an Kritik gespart. Betriebsratschef Rainer Einenkel stand in der Kritik: „Am Zukunftsvertrag zwischen Belegschaft und Opel ist nichts zukunftsmäßiges dran“, sagte Rosenthal.

Rückblende: Am 14. Oktober 2004 legte die Nachtschicht die Arbeit nieder. Der Ausstand dauerte sieben Tage und richtete sich gegen Pläne an den deutschen Produktionsstätten, 10.000 Stellen zu streichen. Allein in Bochum sollten 4.500 Mitarbeiter gehen, betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen. Ein Belegschaftsbeschluss beendete die Streikwoche, es wurde verhandelt, heute ist der Zukunftsvertrag in Kraft, Kündigungen wurden immerhin verhindert.

Hat der wilde Streik etwas bewirkt? Oder wird die Autofabrik als Industriekultur überlebten, der Kadett als Weltkulturerbe? Nein, der Auto-Dino wird weiter leben, darin war sich das Podium einig. Ferdinand Dudenhöffer („Autopapst“) von der FH Gelsenkirchen glaubt sogar an eine Zukunft für Opel auf dem „harten Automarkt“. Aber nur wenn wieder ein Geist herrsche wie in den Fünfzigerjahren – beim damaligen Lohnniveau: Durch Mehrarbeit müsse günstiger produziert werden. „An der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit führt kein Weg vorbei!“ Betriebsratschef Einenkel wird das bekannt vorgekommen sein. Für die taz-Runde unterbrach er extra eine Verhandlungsrunde in Rüsselsheim. Ja, der wilde Streik habe viel bewirkt, in Bochum werde in drei Schichten gearbeitet. Der Zukunftsvertrag habe Achsenfertigung, Presswerk, Ausbildungswerkstatt gerettet. Doch auch das GM-Management habe nun seine Hausaufgaben gemacht: „Jetzt spielen die Kapitalisten uns gegeneinander aus!“, so Einenkel. Statt Überkapazitäten abzubauen, werden europaweit Werke ausgebaut, die sich gegeneinander beim Konzern um Aufträge bewerben: „Es wird immer brutaler“, so Einenkel. CHRISTOPH SCHURIAN