„Sie sollen sich bewegen, wie ich das möchte“

Gregor Weber, Choreograph des Performanceprojekts „Room Service“ in den Räumen des alten GEW-Umspannwerks in der Südstadt, über Irritationen beim Publikum und zu den Möglichkeiten, sich in die Darbietungen hineinzuträumen

taz: Herr Weber, finden Sie es witzig, die Besucher Ihrer Performance die Treppen rauf und runter zu jagen?

Gregor Weber: Ich finde es gut, dass man sich mal wieder bewegt, dass nicht überall ein Aufzug ist. Die Leute sind irritiert, wenn sie merken, dass sie sich bewegen müssen. Sich auch so bewegen, wie ich das möchte. Die Laufkarten geben ja die Wechsel vor. Wir trennen auch ganz bewusst Paare und Gruppen, damit sie wieder in der Lage sind, eine eigenständige Erfahrung zu machen.

Das Publikum einzubeziehen, ist kein neues Konzept.

Das sind Konzepte aus der Avantgarde, aus dem Off-Bereich gewesen. Was bei „Room Service“ passiert, ist nochmal großstädtischer. In bestimmten Momenten der Vorstellung darf oder muss das Publikum interaktiv sein – und in anderen Räumen ist dieses Moment plötzlich gar nicht mehr da. Dort kann man sich hineinträumen, sich ein Stück weit vergessen. In diesem kleinen Zeitraum. Es gibt reale Räume und es gibt Zeiträume. Mit diesen Elementen arbeite ich.

So war es schon bei „Room Service“ 1 und 2. Warum läuft die dritte Folge nach demselben Konzept?

Weil es so gut ankommt. „Room Service“ bietet vielfältige und sehr skurrile Unterhaltung, und das spricht sich auch herum.

Was ist Ihr persönlicher Grund für „Room Service 3“?

Ich mag das Gebäude als Spielstätte. Außerdem ist das Konzept, mit 12 bis 13 Räumen über sechs Ebenen zu spielen, neu. Mich reizt die Entscheidungssituation. Es ist so normal geworden, sich überall entscheiden zu müssen, aber das in einen Teil der Performance zu integrieren, lässt die Leute aufhorchen.

Ist „Room Service“ nur im Umspannwerk denkbar?

Wir haben auch schon bei einem Festival in Kroatien ein altes Militärgebäude aktiviert. Wir brauchen mindestens drei Stockwerke, damit die Wechsel über die Ebenen funktionieren. Das Umspannwerk in der Kölner Südstadt ist aber deshalb grandios, weil es relativ schmal und hoch ist: Von acht Stockwerken bespielen wir sechs. Anders als in einem normalen Wohnhaus oder Hotel hat jeder Raum seine eigene Struktur, seine Atmosphäre und seinen eigenen Hall.

Sie mieten das Umspannwerk seit einem Jahr. Die GEW aber möchte verkaufen.

Noch zeichnet sich nicht ab, dass ein Investor das Umspannwerk kaufen möchte. Im Moment fange ich an, verrückte Sponsoring-Ideen zu denken, wie ich das Gebäude kaufen kann. Das wäre mir das liebste, weil ich wüsste, dass es bei mir in guten Händen ist. Ich würde sicherlich kein normales Wohnhaus draus machen, keine normale Ateliergemeinschaft, sondern es so belassen, wie es ist und nur ein paar bauliche Veränderungen vornehmen. Etwa Performanceräume öffnen, Zwischenwände rausnehmen, die aber wieder installierbar sind.

Also „Room Service“ als ständiges Projekt?

Das wäre eine Logistik unglaublicher Art. Ich habe mit verschiedensten Performern zu tun, die ich zum Teil gut, zum Teil gar nicht gut kenne, aber alle unter einen Hut bringen muss. Das Projekt steht und fällt damit, wie ich mit den Performern umgehe. Ob die bleiben, ob die das Gebäude respektieren in seiner Räumlichkeit. So etwas ist schwer an jemanden abzugeben.

Kölner Künstler beklagen immer wieder die Schließung von Kunstorten, von Ateliers. Welche Bedeutung hat das Umspannwerk für die Kölner Kulturszene?

Es ist im Grunde genommen ein großes Netzwerk. Ich kann darüber verschiedenste Künstler und Performer unter einem Thema zusammenbringen. Normalerweise bewegen sich die bildenden Künstler mehr in der bildenden Ecke, die tänzerischen mehr dort. Es gibt wenig Berührungspunkte zwischen den Disziplinen. Interview: ISABEL FANNRICH