Galgenfrist läuft

Bundesweit einmaliges Projekt Gewaltopferhilfe in Hamburg darf bis zum Jahresende weitermachen

Noch ist das Telefon besetzt. Wer die Nummer der Rechtsmedizinischen Untersuchungsstelle für Opfer von Gewalt wählt, bekommt noch eine Ärztin an den Apparat. Den Mitarbeiterinnen dieses bundesweit einmaligen Projektes ist von der Sozialbehörde ein Aufschub gewährt worden: Bis Ende des Jahres wird eine Dreiviertelstelle für die Leiterin der Untersuchungsstelle, Dragana Seifert, finanziert, dazu noch ein Minijob. Ob die Anlaufstelle für Gewaltopfer auch danach noch aufrechterhalten werden kann, ist ungewiss.

Ursprünglich war die Existenz schon Anfang April in Gefahr. Seit Anfang 2003 hatte die Justizbehörde die an das Institut für Rechtsmedizin angegliederte Gewaltopferhilfe aus dem Bußgeldfonds der Stadt finanziert. Seither lief ein 24-Stunden-Angebot: Rund um die Uhr konnten Menschen, die Opfer einer Gewalttat geworden sind, psychologische Soforthilfe bekommen sowie ihre Verletzungen dokumentieren lassen – um später im Falle einer Strafanzeige Beweise in den Händen zu halten. Inzwischen hat der Senat aber entschieden, die Mittel aus dem Bußgeldfonds nicht mehr in die Opferhilfe zurückfließen zu lassen, sondern zum Stopfen des Haushaltsloches zu verwenden. Die Unterstützung der Untersuchungstelle ist im April ausgelaufen.

In die Bresche gesprungen ist die Sozialbehörde. Der wurde zum April die Zuständigkeit übertragen, und seither finanziert sie die Rechtsmedizinische Untersuchungsstelle aus ihrem Etat. Wie es allerdings im kommenden Jahr weitergehen wird, ist laut Sozialbehördensprecher Rico Schmidt „derzeit noch nicht abzusehen“. Dragana Seifert, die Leiterin der Untersuchungsstelle, ist sicherheitshalber bereits auf Sponsorensuche. Die hatte bisher allerdings noch keinen Erfolg. Nach einem Spendenaufruf im Dezember, so Seifert, „haben wir 300 Euro bekommen“. EE