Schulbücher bleiben alt

Schulleiterverband warnt, Schulbuchgebühr wird 100 Euro teurer. Behörde dementiert: Bücher sollen doch länger benutzt werden

von Kaija Kutter

„Wir haben schon immer gesagt, dass es mit diesen Summen nicht funktioniert. Jetzt können wir es nachweisen“, erklärte gestern Klaus Wendtland, Vorsitzender des Verbands der Hamburger Schulleitungen (VHS). Die Rede ist von den geplanten Obergrenzen für die Schulbuchgebühr von 50 Euro für die Grundschule, 80 Euro für die Mittelstufe und 100 Euro für die Oberstufe pro Jahr. „Da können Sie überall noch 100 Euro draufsetzen“, ergänzte Stellvertreter Ulrich Mumm: „Das ist der Einstieg ins Schulgeld.“

Dem VHS liegt eine Beispielrechnung aus der Behördendeputation für die 7. Klassen an Gymnasien vor, die plangemäß mit nur 73 Euro die Obergrenze unterschreitet. Allerdings denken Mumm und Wendtland, dass dieser Endbetrag niedrig gerechnet wurde. So ist dort beispielsweise als Neupreis für ein Deutschbuch 11 Euro angegeben, was es laut Mumm „schlicht nicht gibt“. Auf der Bücher-Empfehlungsliste des Landesinstituts für Lehrerbildung ist ein Buch des Cornelsen-Verlags für 23,95 Euro angegeben.

Noch schwerer wiegt laut VHS aber ein „Rechenfehler“. So wird für ein Lernbuch in Biologie, das für die Klassenstufen 7 bis 9 genutzt werden kann, nur 2,50 Euro Leihgebühr einkalkuliert. Eine Summe, bei der das Buch zwölf Jahre im Gebrauch sein müsste, damit der Neupreis von 30 Euro refinanziert ist. In der geplanten Lernmittelverordnung steht aber, dass die Bücher künftig „höchstens drei Mal“ ausgeliehen werden sollen. Um das Biobuch durch Ausleihe zu refinanzieren fehlen demnach 7,50 Euro. Den gleichen Fehler macht die Behörde beim Lernbuch Physik.

Doch in der Praxis, so der VHS, komme es sehr oft vor, dass Bücher mehrjährig genutzt werden. In Klasse 5 am Gymnasium zum Beispiel in sieben von zehn Fächern, so dass die Eltern dort einschließlich Arbeitsheft, Schülerduden und Materialkosten 106 Euro zu zahlen hätten. In der Klasse 8 addiert sich dies sogar auf 184 Euro. Denn dort kostet die Buchmiete bereinigt um den Rechenfehler und die zu niedrig angesetzten Preise der Behörde 94 Euro. Hinzu kommen noch elf obligatorische Arbeitshefte, Formelsammlungen und Grammatiken, für die Eltern im heutigen System schon 90 Euro zahlen.

Bildungsbehördensprecher Alexander Luckow erklärte gestern, „die Berechnungen der Behörde stimmen“ und lieferte eine neue Interpretation der Lernmittelverordnung. So dürfte jedes Buch für „drei Zyklen“ ausgeliehen werden, wobei „ein Zyklus auch länger als ein Jahr sein“ könne. Mit anderen Worten, viele Schulbücher bleiben eben doch sechs, neun, zwölf oder gar 20 Jahre im Umlauf.

Womit aber, so schlussfolgert Mumm, das eigentliche Versprechen der Politik, schneller für aktuellere Bücher zu sorgen, „nicht erfüllt wird“.