Volk darf Volksuniversität begehren

Hamburgs Verfassungsgericht erklärt Volksbegehren zum Erhalt der Uni für Wirtschaft und Politik (HWP) für zulässig, die Forderung nach gebührenfreiem Studium aber nicht. Senat sieht seine Teilniederlage „gelassen“: HWP ist längst aufgelöst

von Eva Weikert

Die Universität für Wirtschaft und Politik (HWP), die der CDU-Senat gegen breiten Widerstand abwickeln ließ, ist doch noch nicht erledigt: Gestern hat das Hamburger Verfassungsgericht (HVerfG) ein von Studierenden initiiertes Volksbegehren zum Erhalt der Hochschule für zulässig erklärt. Zwar wurde die HWP bereits am 1. April von einer Fakultät der benachbarten Uni geschluckt. Aber „die Integration“, so Gerichtspräsident Wilhelm Rapp, „hat das Anliegen des Erhalts der HWP nicht erledigt“. Der frühere AStA der 1948 von Gewerkschaften und der damaligen SPD-Landesregierung gegründeten Lehrstätte kündigte an: „Der Kampf um die HWP geht weiter.“

Das Urteil sei ein „großer Erfolg“, so Ex-HWP-Studentin Lena Barthelmes nach dem Richterspruch. Sie hatte die Volksinitiative „VolXUni – Rettet die Bildung“ mitbegründet, die im Herbst 2003 rund 15.000 Hamburger unterschrieben. Damit war die Hürde für ein anschließendes Volksbegehren übersprungen worden. Der Senat war jedoch vor Gericht gezogen, da er der Ansicht war, dass die Initiative Abgaben und Haushaltsangelegenheiten berührt und gemäß Artikel 50 der Hamburgischen Verfassung deshalb nicht durchgeführt werden darf.

Das Gericht folgte lediglich in zwei Punkten dem Antrag des Senats und erklärte die gleichzeitig mit dem HWP-Erhalt gestellte Forderung nach gebührenfreiem Studium und Studienplatzausbau für unzulässig (siehe Kasten).

„Im Übrigen ist das Volksbegehren aber durchzuführen“, so der Richter Rapp. Erlaubt ist damit auch das Begehren um Änderung des Hochschulmodernisierungsgesetzes: Die Ini verlangt, Zwangsexmatrikulationen sowie Hochschulräte und den Maulkorb für den AStA abzuschaffen, der sich nicht allgemeinpolitisch äußern darf. „Es steht 4:2 für uns“, frohlockt Martin Dolzer vom früheren HWP-AStA.

„Das Urteil ist eine schallende Ohrfeige für den Senat“, meint auch GAL-Verfassungsexperte Farid Müller. Wegen des Streits über einen Teil der Ini habe der Senat das gesamte Vorhaben aushebeln wollen: „Dem haben die Richter einen Riegel vorgeschoben.“ Der Hamburger DGB zeigt sich „sehr erfreut“ über das Urteil, das die Initiative zum Erhalt der HWP betreffe, so Landeschef Erhard Pumm: „Die HWP muss wieder eigenständig werden.“ Um die nächste Hürde zum Volksentscheid zu schaffen, müssten die Initiatoren binnen 14 Tagen mindestens 60.000 Unterschriften sammeln. „Wir sehen dem weiteren Verfahren gelassen entgegen“, beteuert die Wissenschaftsbehörde.

Die Volksini will sich jetzt mit dem Verein „Mehr Demokratie“ darüber beraten, so Sprecherin Barthelmes, „wie sinnvoll es unter den rigiden Gegebenheiten ist, in die nächste Stufe zu gehen“. „Mehr Demokratie“ hat ein Volksbegehren gegen die Reform der direkten Demokratie durchgesetzt, mit welcher der Senat die Volksgesetzgebung stutzte.

Das gestrige Urteil bedeute einen „weiteren Rückschlag für die direkte Demokratie in der Hansestadt“, warnt Barthelmes. Indem das Gericht die Forderung nach gebührenfreiem Studium und Studienplatzausbau untersagte, „sind die Stimmen von 15.000 UnterzeichnerInnen zum Teil entwertet worden“.