Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Das Theater tritt in dieser Stadt in den nächsten Tagen ja eher in den Hintergrund, wenn am Donnerstag die Filmfestspiele beginnen und auch manche Bühne für diese Zeit zum Kino wird: das Theater im Haus der Berliner Festspiele zum Beispiel. Aber auch im HAU hat sich die Berlinale eingenistet. Und doch gibt es Premieren und Veranstaltungen für jene, die auf die Präsenz realer Körper im physischen Raum nicht verzichten wollen. Etwa in den Sophiensælen, wo am Freitag das neue Tanzstück von Laurent Chétouane „Hommage an das Zaudern“ Premiere hat. Am Donnerstag kommt im Theater unterm Dach Kai Gero Lenkes Melville-Bearbeitung „Bartleby“ heraus. Der Schreiber Bartleby, Protagonist der berühmten Erzählung von 1853, ist Angestellter an der Wallstreet und ein Urahn von Kafkas Herrn K. Sein fundamentaler wie höflicher Verweigerungssatz „I prefer not to“ ist längst eine Art Weltkulturerbe. Jüngst hat die Occupy-Bewegung Bartleby als Symbolfigur entdeckt. Die traditionsreiche Spielstätte am Thälmannpark ist außerdem akut von der Schließung bedroht. Ein Aktionsbündnis Berliner Künstler (aktionsbuendnis-der-kuenstler.jimdo.com) fordert zum Erhalt der berühmten Kultureinrichtung auf. Die Krise des Kapitalismus ist inzwischen so allgegenwärtig, dass sich auch Häuser wie das Deutsche Theater inzwischen damit befassen. „Was kostet die Welt?“, fragt man kapitalismuskritisch dort seit Sonntag im Rahmen eines Symposions. Am Sonntag spricht der Wiener Philosoph Robert Pfaller zur Sache. Am Deutschen Theater kommt heute Abend außerdem Tobias Rauschs Projekt „Oder Bruch“ heraus, das ausgehend vom Jahrhunderthochwasser des Jahres 1997 das Verhältnis von Mensch und Natur und nicht zuletzt auch das Verhältnis von Deutschland und Polen befragt, deren Grenze der Fluss über weite Strecken ist.

■ „Hommage an das Zaudern“: Sophiensæle, Fr.–Mo.

■ „Bartleby“: Theater unterm Dach, Do.–So.

■ Robert Pfaller: Deutsches Theater, So. ab 11 Uhr

■ „Oder Bruch“: Deutsches Theater, ab heute