Ohne Rauch und Glaskugel

Die Wahrsagerin rät: Zukunft selber machen

Nichts deutet auf diesen seltenen, ja fast unheimlichen Beruf von Gabriele Hoffmann hin. Weder ihr aufgeräumtes, freundliches Zimmer mit dem hellbraunen Lehnsessel, noch ihre praktische Kurzhaarfrisur und auch nicht ihr ausgeprägter Berliner Dialekt. Und doch: Gabriele Hoffmann verdient ihren Lebensunterhalt damit, Menschen ihre Zukunft vorher zu sagen. Sie arbeitet als Wahrsagerin – und zwar ohne Glaskugel und ohne Moschusrauch. Von Magie und Liebeszauberei hält sie nichts. „Absoluter Humbug“, findet sie.

Schon als Jugendliche habe sie immer wieder für Bekannte in die Zukunft geschaut. Mit 19 Jahren brach sie letztendlich eine Ausbildung zur Krankenschwester ab, um sich vollständig ihrer außergewöhnlichen Gabe zu widmen. In der Liebe, gesundheitlich oder im Beruf sind ihre Klienten in Probleme verstrickt und hoffen, dass die Lösung in der Zukunft liegt. Sie sind sehr darauf fixiert, Gutes zu hören. So einfach ist das mit der Wahrheit allerdings nicht, sagt Gabriele Hoffmann. Nicht jede Geschichte gehe glücklich aus.

Sie kann ihre Klienten aber verstehen, auch sie kennt den Wunsch, Glück möge doch für immer halten, von sich selbst. Mit 17 habe sie eine Vision für ihre eigene Zukunft erlebt, in der sie ihre Heirat mit dem Mann, den sie liebte, aber auch die spätere Scheidung sah. Als junge Frau wollte sie dieses Ende nicht wahrhaben. Bald war die Vision verdrängt und vergessen. Viele Jahre später erinnerte sie sich in einer Ehekrise an diese Prophezeiung und war erleichtert. Sie wollte gar nicht mehr, dass diese Liebe für immer bleibt. „Was mit 17 schrecklich war, fand ich mit 42 super“, erzählt sie.

Fehler machen und Umwege gehen gehört für die Wahrsagerin zum Leben dazu. Darum macht sie auch keine Sitzungen für Menschen unter 26 Jahren. „Wer ein paar Beulen abgekriegt hat, kann mit der Wahrheit viel besser umgehen“.

Gabriele Hoffmann ermuntert ihre Klienten, in die Wandelbarkeit ihrer Zukunft zu vertrauen. „Dinge, die ewig halten, können auch total langweilig sein“, meint sie. Nur ein begrenzter Teil des Schicksals steht ihrer Meinung nach fest. Es gebe genug Spielraum, um seine Zukunft selbst zu gestalten. Das Beste daraus zu machen – das ist für sie das wahre Happy End. ANNA BORDEL