Teilnehmende Beobachtung

Nicht immer streng analytisch, aber stets mittendrin – und sei das Gezeigte noch so bitter: Ein selektiver Blick auf die verbleibenden drei Tage der 2. Hamburger Dokumentarfilmwoche im 3001-Kino

An der Organisation haben sich Filmschaffende aus der Stadt beteiligt. Nach den Vorführungen sind die Regisseure im Saal, es wird lebhaft diskutiert. En busca de dignidad („Auf der Suche nach Würde“) zeigt unmittelbar Bilder vom Alltag einiger MenschenrechtsaktivistInnen der Peace Brigades International (PBI) in Guatemala. Viel zu sehen gibt es von ihrem dortigen Büro, ein paar Aktive aus den USA oder Europa berichten von ihrer Tätigkeit. Die besteht darin, bedrohte politische exponierte GuatemaltekInnen zu begleiten – und dadurch zu beschützen.

So gehen sie mit Arbeiterinnen, die sich in den Maquilas, den Weltmarktfabriken, zusammentun wollen: „In den Maquilas werden die Leute sehr schlecht behandelt. Sie haben Angst davor, eine Gewerkschaft zu gründen“, erklärt María Rosa Lopéz in den Camcorder. Es wird deutlich, dass sie Vertrauen zu den PBI hat und auch zum Filmteam – Miriam Seemann, Regisseurin des Films, arbeitet selbst mit bei den Brigades. Daher rührt gleichermaßen Stärke wie auch Schwäche der sehenswerten Dokumentation: Sie ist kaum analytisch, aber immer mittendrin.

Ähnlich wie Abgehakt: Martin Grubers Film zeigt Obdachlose, die in der Hamburger City „Platte machen“. Gleich zu Beginn wird deutlich, dass es ein Vertrauensverhältnis gibt zwischen Filmern und Gefilmten. Als sich Kuddel da am Hinterausgang des Karstadt-Kaufhauses aus seinem Schlafsack schält, werden die Filmer begrüßt, gefragt, wie ihr Tag gewesen sei.

Das Team begleitet Kuddels Clique in ihrem Alltag an der Mönckebergstraße. Manche erzählt in die Kamera von ihrem Leben auf der Straße. So sehr soziale Beziehungen beim Leben auf der Straße unverzichtbar, aber auch schwierig sind – jeder hat so viele Probleme und Enttäuschungen, redet am liebsten selbst und hört ungern zu –, so offen sind die hier Gezeigten gegenüber der Kamera.

Auch Kenedi se vracra kuci („Kenedi Goes Back Home“) von Zelimir Zelnik zeigt bittere Realität: Jeden Tag trifft Kenedi in Belgrad Leute, die – wie er selbst – aus Deutschland abgeschoben wurden. Oft haben sie den Schock darüber noch nicht überwunden, dass sie mitten in der Nacht abgeholt und nach Jugoslawien gebracht wurden – in ein Land, dass es nicht mehr gibt. Wie Kenedi sind viele der Abgeschobenen Roma, besonders aus dem Kosovo. Dorthin können sie nicht zurück, ihre Häuser sind zerstört, sie selbst unerwünscht. Die Kehrseite der abgeschotteten Festung Europa, in diesem Film wird sie sichtbar.Gaston Kirsche

En busca de dignidad (OmU, Gäste: Miriam Seemann, Nina Brodowski und Jonny Müller-Goldenstedt): heute, 18.30 Uhr; Abgehakt (Gast: Martin Gruber): morgen, 18 Uhr; Kenedi se vracra kuci (OmeU, Gast: Birgit Gärtner, Flüchtlingsrat Hamburg): Mittwoch, 27.4., 18.30 Uhr, 3001; komplettes Programm: www.3001-kino.de