In einer Win-win-Situation

Gesicherte Ausstellungen nach dem Studienabschluss und gesicherte Aufmerksamkeit durch den Auftritt als Gruppe: Das Modell der Produzentengalerie setzt sich in Berlin mehr und mehr durch. Das Beispiel der 2003 gegründeten Galerie „rekord“

VON BRIGITTE WERNEBURG

Zuerst war „Liga“. Das Original. Längst Legende und nach zwei Jahren Betrieb Ende 2003 pünktlich wieder geschlossen. 2001 hatte die Galerie in der Tieckstraße eröffnet, die elf Studenten der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig in Eigenregie finanzierten, um ihre Arbeiten in der Hauptstadt bekannt zu machen. Die sehr homogene Gruppe – Männer, Maler – fiel sehr schnell auf, und sehr bald fanden sich Arbeiten von David Schnell, Christian Ruckhäberle, Tim Eitel oder Matthias Weischer bei wichtigen amerikanischen Privatsammlern.

Heute sind es „Echolot“, „Amerika“, „Diskus“ und „rekord“. Das Modell der Produzentengalerie setzt sich durch. Es hat Erfolg, auch in anderen, neuen Gründungen. Zwölf Künstler waren es, die im April 2003 „rekord“ ins Leben riefen. Fast alle stammen sie von der Kunsthochschule Dresden, allerdings arbeiten sie ganz unterschiedlich. Malerische Positionen finden sich, doch Fotografie, Installation oder Skulptur sind weitere Arbeitsschwerpunkte. Eine gute Videoposition würde Martin Mertens, der seit Dezember 2004 für die Galeriearbeit verantwortlich ist, noch gerne in die Gruppe integrieren. 1.000 Euro im Jahr steuert jeder Künstler bei, damit sind die Kosten für Miete und Bürobetrieb gedeckt. Man achtet aufs Geld, die Kommunikation läuft über E-Mail, teure Drucksachen wie Einladungskarten gibt es kaum. Mertens erwirtschaftet sein Vollzeitengagement über eine prozentuale Beteiligung am Umsatz.

Der Kunsthistoriker und Mitbegründer der Arena in Treptow, der zuletzt beim Galeristen Markus Richter arbeitete, sieht alle Beteiligten in einer Win-win-Situation. Nach ihrem Hochschulabgang sind den Künstlern regelmäßige Ausstellungen sicher, als Gruppe erreichen sie höhere Aufmerksamkeit denn als Einzelkämpfer, und auch für ihn bietet sich die Chance unter deutlich entlasteten Bedingungen, der finanzielle Druck verteilt sich ja auf mehrere Schultern, seine Erfahrungen als Galerist zu sammeln. Dass er sich, anders als andere Galeristen, die Künstler nicht ausgesucht hat und nun alle gleichberechtigt vertritt, kann seiner Praxis als Galerist nur zugute kommen.

„rekord“ hat die Dauer seiner Existenz nicht festgelegt. Trotzdem ist man sich über den temporären Charakter des Modells Produzentengalerie im Klaren. Es ist nicht über viele Jahre durchzuhalten. Das erklärte Ziel von „Liga“ beispielsweise war, die Künstler innerhalb von zwei Jahren in etablierten Galerien unterzubringen. Und nachdem Messeauftritte im Galeriegeschäft immer wichtiger werden, verstärkt sich der Druck in Richtung einer Professionalisierung im bekannten Rahmen. „rekord“ hat sich dieses Jahr neben dem Art Forum in Berlin auch für die Art Basel/Miami Beach beworben. Auf dem Art Forum war „rekord“ schon im letzten Jahr vertreten, ein, wie Martin Mertens sagt, sehr wichtiger Schritt: „Da sind viele Kontakte entstanden, zu Kuratoren, zu Presseleuten, zu Museumsmenschen und eben auch zu Sammlern, das merkt man bis heute immer wieder.“

Doch Messen sind teuer, die jährlichen Einlagen müssten erhöht werden, gleichzeitig kann man sich nicht immer mit gleich zwölf Künstlern für einen Messeauftritt bewerben. Die Überlegungen gehen also dahin, die Produzentengalerie „rekord“ in nicht allzu ferner Zukunft als Galerie „rekord“ zu führen. Im Moment zeigt Antje Blumenstein eine assoziationsreiche Installation zum Thema Erinnerung, Hoffnung und verlorene Unbeschwertheit. Sie verbindet so disparate Elemente wie einen Styropor-Nachbau von Caspar David Friedrichs „Eismeer“ mit dem Bild dreier Jugendfreundinnen beim Rudern, das sie einmal als große, aber verhaltene Zeichnung im Innenraum und einmal als attraktives Werbeplakat an der Außenwand der Galerie aufbaut – und irgendwie glaubt man in dieser melancholisch zurück wie aggressiv nach vorne weisenden Galerieinstallation schon ein bisschen Abschied vom alten „rekord“-Modell zu erkennen.

Bis 7. Mai, Di.–Sa. 12–18 Uhr, Brunnenstr. 162, Mitte, www.rekord-berlin.de