Europa sucht Schutz vor China

EU-Kommission prüft die Auswirkungen von Textil-Importen aus China. Diese sind seit Jahresbeginn stark gestiegen, weil die bis dahin gültige Quotenregelung weggefallen ist

BRÜSSEL taz ■ Welche Auswirkungen haben billige Textilimporte aus China auf den europäischen Markt? Das soll nun die EU-Kommission untersuchen, wie eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten auf einem informellen Treffen der Handelsminister am Wochenende befand. Ende letzten Jahres lief das Welttextilabkommen aus. Seither haben sich die Importe in einigen Marktsegmenten mehr als verdoppelt, in anderen verfünffacht.

Der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO) Supachai Panitchpakdi forderte die betroffenen Länder gestern zur Mäßigung auf. Sie sollten mindestens ein Jahr lang die Entwicklung beobachten, bevor sie Abwehrmaßnahmen in Betracht zögen.

EU-Handelskommissar Peter Mandelson legte am Wochenende dar, dass bei mehreren Produkten der Preis massiv eingebrochen sei. T-Shirt-Importe stiegen im ersten Quartal um 164 Prozent. Der Ladenpreis sank gleichzeitig durchschnittlich um ein Viertel. Bei Blusen stieg das Angebot aus China um 186 Prozent, die Preise fielen um 24 Prozent. Der Preisverfall freut die Verbraucher. Er führt aber auch dazu, dass europäische Textilhersteller, die europäische Löhne zahlen müssen, nicht mehr mithalten können.

Um den Übergang in die völlige Handelsfreiheit für Textilien abzumildern, hatte die EU-Kommission am 6. April für für die Einfuhr von Textilprodukten Schwellenwerte festgelegt. Da diese Werte bei neun Textil-Kategorien deutlich überschritten wurden, will die Kommission für diese Produkte eine Untersuchung einleiten, die maximal zwei Monate dauert. Wenn sich dabei herausstellt, dass der europäische Markt durch die chinesische Textilschwemme Schaden nimmt, beginnen formelle Verhandlungen bei der Welthandelsorganisation. Wenn sich China dort nicht bereit erklärt, seine Exporte so zu kontrollieren, dass die Steigerung im Jahresdurchschnitt 7,5 Prozent nicht überschreitet, darf die EU-Kommission Importverbote verhängen. Mit diesem Verfahren hat sich China bei seinem Beitritt zur WTO 2001 einverstanden erklärt.

Die entsprechende Klausel ermöglicht kurzfristige Schutzmaßnahmen in einer Übergangsphase bis Ende 2008, wenn das Gleichgewicht auf dem Textilmarkt akut gefährdet ist. Die Schockwirkung für europäische Textilhersteller soll so gemildert werden. Allerdings sind viele von ihnen auch von den Abwehrmaßnahmen negativ betroffen. Die meisten Textilien made in China werden dort von den Filialen europäischer Unternehmen hergestellt.

DANIELA WEINGÄRTNER

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