Schönwetter-Flieger vor der Premiere

Der Airbus A 380 hebt am Mittwoch zum ersten Mal ab – wenn der Wind nicht aus der falschen Richtung weht

BERLIN taz ■ Am Mittwoch gilt’s: Dann wird sich zeigen, was alle Theorie bei der Entwicklung und dem Bau des Airbus A 380 wert war. Denn gut einen Monat später als ursprünglich geplant soll an diesem Tag das größte Passagierflugzeug der Welt zum ersten Mal abheben. An Bord werden eine sechsköpfige Crew sein, 6.000 Sensoren zur Messung des Flugverhaltens und mehrere hundert Wasserfässer, die das Gewicht von 555 Fluggästen simulieren sollen.

Dass der Riesenflieger aus technischen Gründen am Boden bleiben muss, erwartet eigentlich niemand. Zu umfassend und genau seien mittlerweile die Berechnungen vor dem eigentlichen Start, sagt Klaus Wolf, Professor am Dresdner Institut für Luft- und Raumfahrttechnik im Gespräch mit der taz. „Dennoch wird erst der Jungfernflug den Nachweis erbringen, dass das Flugzeug auch wirklich fliegen kann“, so Wolf.

Viel größere Aussagekraft werde der erste Flug aber nicht haben, sagt Wolf. Denn der Start am Mittwoch ist nur der Auftakt zu einer knapp einjährigen Testreihe, in der die Prototypen ihre Zulassung für den Flugverkehr erhalten sollen.

Neben der Frage, wie sich zum Teil neuartige Materialien aus einem Aluminium-Glasfaser-Gemisch in der Praxis bewähren, wird auch der Verbrauch eine wichtige Rolle spielen. Dass der doppelstöckige Airbus weniger als 3 Liter Kerosin pro Fluggast auf 100 Kilometern schlucken soll, gilt als ein wichtiges Verkaufsargument.

Denn bei allem Pioniergeist – der A 380 soll sich rechnen. Zwar wurden schon etwa 150 Exemplare von 14 Fluggesellschaften bestellt, doch weil die Entwicklungskosten sich auf zwölf Milliarden Euro erhöht haben, wird Airbus erst ab der 271. verkauften Maschine Gewinn machen. Sollte der US-Dollar weiterhin auf niedrigem Niveau bleiben, erhöht sich die Gewinnschwelle.

Dabei ist noch umstritten, ob der Markt überhaupt so einen Luftgiganten braucht. Airbus rechnet damit, dass sich der internationale Flugverkehr immer stärker auf große Drehkreuze konzentriert, die mit riesigen Maschinen verbunden werden. An kleineren Flughäfen wird die A 380 wegen seiner Dimensionen auch nicht abgefertigt werden können. Der US-Konzern Boeing hingegen, einziger ernst zu nehmender Konkurrent des europäischen Konsortiums, sieht die Zukunft bei mittleren Maschinen, die mehr direkte Flüge erlauben.

Solche Skepsis wird am Mittwoch im französischen Toulouse bei den rund 50.000 Besuchern wohl keinen Platz haben. Lediglich der Wind könnte das Ereignis noch verhindern. Sollte dieser nämlich aus der falschen Richtung wehen, müsste der Gigant nach seinem Start über Toulouse fliegen. Und dieses Risiko will man dann doch nicht eingehen. STEPHAN KOSCH