Diktatur des Relativismus

betr.: „Gesagt ist gesagt“, „Rüttgers etwas zu katholisch“, „Der Papst an Rhein und Ruhr“, Kommentar von Dietmar Bartz, taz vom 23. 4. 05

Ich verstehe die Aufregung über Rüttgers’ Äußerung nicht. Wenn er katholisch ist, soll er es aus Überzeugung sein, und von etwas überzeugt sein heißt immer, dass man gegenteilige Überzeugungen nicht teilt und für schlechter hält als die eigene. Das ist keine Intoleranz. Gegenseitige Meinungen soll man ertragen, auch wenn man sie ablehnt. Man soll mit Andersdenkenden reden, und wenn ein Ausgleich nicht möglich ist, muss man einen Weg finden, miteinander zu leben, ohne sich zu befehden. Das ist wahre Toleranz.

Die Empörung über Rüttgers’ Äußerung ist kein Ausdruck von Toleranz, sondern eines völlig abwegigen Relativismus, der Leute mit Überzeugungen diskriminiert. Es handelt sich hier genau um die Diktatur des Relativismus, die der neue Papst in seiner Predigt vor dem Konklave als Kardinal angeklagt hat. Ich bin katholischer Priester und zutiefst von der Wahrheit des katholischen Glaubens überzeugt. Wenn ich das nicht wäre, mit welcher Legitimation würde ich dann meinen Beruf ausüben? OLIVER SCHNITZLER, Pfarrer,

Prelatura de Yauyos, Cañete Perú

Als evangelischer Kirchenvorstand beschleicht mich bei den Äußerungen von Jürgen Rüttgers das Gefühl, dass er sich um die Nachfolge des bisherigen Aufgabengebiets von Joseph Ratzinger bemüht. Augenscheinlich kommen wir als geschätzte Wähler nach der Leitkultur nunmehr auch in den Genuss einer „rüttgerschen“ Leitreligion. Sicherlich ist Jürgen Rüttgers „falsch verstanden und aus dem Zusammenhang heraus“ zitiert worden. Unzweifelhaft steht jedoch fest, dass er sich mit seinen unüberlegten Äußerungen einen Bärendienst erwiesen hat. RICHARD KRAUSS, Schwebheim