Den Blockkraftwerken droht das Aus

Die Bundesregierung wollte bis Ende 2004 die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung überprüfen. Passiert ist aber noch nichts, dabei endet die alte Regelung in diesem Jahr. Doch ohne die effiziente Technik kann Deutschland sein Klimaziel nicht schaffen

AUS BERLIN NICK REIMER

In Ostdeutschland werden demnächst etliche Blockheizkraftwerke abgeschaltet– „zumindest wenn die Bundesregierung nicht sofort handelt“. Das kündigte gestern der Generalbevollmächtigte der Stadtwerke Leipzig, Winfried Damm, an. Wenig Hoffnung auf dieses Handeln hat Klaus Traube vom Bundesverband Kraft-Wärme Kopplung: „Die Regierung ist gescheitert.“

Blockheizkraftwerke – das ist jene elegante Technologie, bei der Strom und Wärme kombiniert erzeugt wird. „Normale“ Großkraftwerke geben ihre Restwärme in die Umwelt ab, Blockheizkraftwerke dagegen machen diesen „Wärmeabfall“ nutzbar. Das ist gut fürs Klima. Denn konventionelle Kraftwerke blasen doppelt so viel vom Klimakiller Kohlendioxid in die Atmosphäre – bei derselben Menge produzierter Energie. Der Nachteil der Kraft-Wärme-Kopplung: Wenn im Sommer niemand die Wärme für Heizzwecke abnimmt, müssen die Kraftwerke abgeschaltet werden.

1999 hatte das Bundeskabinett beschlossen, Deutschlands Klimaziel durch den massiven Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) zu erreichen. In zehn Jahren sollte der damalige Anteil von 10 Prozent auf 20 verdoppelt werden. dafür beschloss die Regierung im Sommer 2000 ein ambitioniertes Fördermodell. Werner Müller ist schuld: Der ehemalige Wirtschaftsminister torpedierte nebst Kohlelobby – Müller drohte sogar mit Rücktritt – seinerzeit das KWK-Gesetz so lange, bis im 2002 verabschiedeten Text fast nichts von den Ambitionen übrig blieb. Statt dessen verabredete Müller – heute Chef des deutschen Kohlekonzerns RAG – eine Selbstverpflichtung mit der Industrie: In 10 Jahren soll sie 45 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen, allein 23 Millionen Tonnen durch KWK.

Die Bilanz? „Statt einzusparen, hat die Energiewirtschaft in den letzten zehn Jahren 18 Millionen Tonnen mehr Kohlendioxid ausgestoßen“, erklärte gestern Gerhard Timm, Chef des BUND. Das bedeute: Deutschland werde sein Kioto-Ziel nicht erreichen. Timm: „Von der einstmals vollmundig versprochenen Reduzierung von 25 Prozent sprechen Trittin, Schröder und Co. ja schon lange nicht mehr.“

Der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung wirft der Regierung gar Vertragsbruch vor. „Im KWK-Gesetz wurde seinerzeit für Ende 2004 eine Überprüfung der Förderinstrumente und notfalls eine Nachbesserung festgeschrieben. Passiert ist aber nichts“, so Traube. Hätte die Regierung überprüft, so wäre sie auf etwa 11 Prozent gekommen statt der avisierten 20 Prozent. Weil in diesem Jahr aber die Fördermechanismen auslaufen, sei Rot-Grün grauenhaft gescheitert.

Beispiel Leipzig: Die Messestadt betreibt ein Blockheizkraftwerk, mit dem sie ihre Kohlendioxidemission um ein Achtel verringern konnte. „In diesem Jahr steht eine kleine Revision an, die uns ungefähr 4 Millionen Euro kosten wird“, so Damm. So gern man Klimaschutz betreibe – „ohne entsprechende Rahmenbedingungen macht er betriebswirtschaftlich keinen Sinn. Wir werden auf die Revision verzichten, die Anlage verschleißen.“ Schuld sei Wolfgang Müller: Durch dessen Ministererlaubnis zur Eon-Ruhrgas-Fusion habe sich ein Oligopol gebildet, „das uns die Preise bestimmt“. Damm: „Geschickt eingefädelt: Müller wollte uns von seiner RAG-Kohle abhängig machen.“