LESERINNENBRIEFE
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Grün-Rot enttäuscht

■ betr.: „Grün-Rot will Roma abschieben“, taz vom 13. 2. 12

Mit was für Hoffnungen wurde Grün-Rot gewählt – was für Enttäuschungen haben (zunehmend ehemalige) Sympathisanten hinzunehmen. Nicht nur die Abrissbirne am Stuttgarter Bahnhof und die bevorstehende Vernichtung des Schlossparks, nicht nur die verminderte CO2-Reduktion, nicht nur die verkorkste Bildungspolitik; nein, nun auch noch das Verletzen von humanitären Selbstverständlichkeiten. Die Lebensverhältnisse der größten Minderheit Europas sind überall unbefriedigend – auch im scheinbar „toleranten Vielvölkerstaat“ Kosovo erwarten zurückgebrachte Roma nur Diskriminierungen. Wir untersuchen seit zwei Jahren in einem EU-geförderten Projekt (www.grundtvig-partnership-roma.com) die Verhältnisse in verschiedenen Ländern und müssen leider feststellen, dass von menschenwürdigem und selbstbestimmtem Leben der Romafamilien nicht gesprochen werden kann.

Statt Roma als befruchtendes Element auch in Baden-Württemberg wahrzunehmen, biedern sich die südwestdeutschen Oberlehrer den Integrationsgegnern an. Offenbar wird politisch gehandelt, als wäre es nötig, am Samstag den Bürgersteig zu kehren.

GEORG FISCHER, Schefflenz

Manipulierte Rechnungen

■ betr.: „Der ganz gemütliche Stresstest“, taz vom 13. 2. 12

Bei Überprüfungen der atomaren Anlagen lässt sich die Regierung gerne viel Zeit. Dabei sollte es ja nicht nur um ungewöhnliche Ereignisse gehen, die auf die Zwischenlager Einfluss nehmen könnten. Schon bei „normalem“ Betrieb ist oft eine erhöhte Radioaktivität festzustellen, die aber von offizieller Seite durch manipulierte Rechnungen verharmlost wird, wie dies zum Beispiel in Gorleben geschehen ist. Und der erhöhte Cäsiumgehalt der Lauge in der desaströsen Asse kann die Verantwortlichen auch nicht zu schnellerem Handeln veranlassen. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Geld für Hebammen

■ betr.: „Schäuble will Krankenkassen Budget kürzen“,taz vom 15. 2. 12

Mir grummelt vor Wut der Bauch, wenn ich lese, dass die Krankenkassen Geld übrig haben und das Budget gekürzt werden soll. Wieso bekommen wir Hebammen nicht endlich das Geld, das wir verdient haben? Reihenweise geben Kolleginnen ihren Beruf auf, den sie lieben, aber nicht mehr leisten können. So kann es nicht weitergehen. Wir brauchen Menschen, die diese Arbeit am Menschen tun für die nächste Generation, denn in dieser Zeit werden Weichen gestellt. Nicht erst im Kindergarten und in der Schule. Das erste Lebensjahr ist so wichtig. BRIGITTE PAUL, Langen

Vom Rumpf bis zum Heck

■ betr.: „Es war eine große Ähre“, taz vom 13. 2. 12

Noch eine kuriose Ergänzung zum Artikel: Die DDR hatte eine gute Überseeflotte: VEB Deutrans/Seereederei Rostock. Im Überschwang nationalen Stolzes benannte man ein Schiff: „Fliegerkosmonaut der DDR Sigmund Jähn“. Als Reedereiagenten fragten wir uns damals, wo man wohl die seinerzeit in der DDR knappe Farbe hernahm, um diesen Namen auf das Schiff zu pinseln. Ferner malten wir uns aus, wie sich der Schiffsname wohl am Schiff ausnahm. Vermutlich vom Rumpf bis zum Heck … Zu guter Letzt hatten wir, wie auch die übrige Speditionswelt, mit dem Namen zu kämpfen, da er in die kleine, für Schiffsnamen vorgesehene Rubrik auf den Frachtpapieren (B/L) nicht unterzubringen war. RALPH-M. WEISS, Bad Vilbel

Den deutschen Pass mögen?

■ betr.: „Der Antideutsche, das unbekannte Wesen“, taz v. 14. 2. 12

Bei allem Verständnis für den Ärger über die vielfach zu beobachtende deutsche und speziell Dresdner Mischung aus Selbstmitleid und Täter-Opfer-Umkehrung: Wie doof- und dumpfdeutsch diese sogenannten Antideutschen sind, führt uns Julia Seeliger exemplarisch vor: „Die (Anm.: Ökos) verstehen nicht, dass man Kritik an ‚Deutschland‘ üben und den deutschen Pass dennoch mögen kann.“ Was bitte, soll „Deutschland“ in Anführungszeichen denn heißen? Was kann man am deutschen Pass mögen? Die geschmackvolle Gestaltung oder nicht doch eher die Privilegien für den Besitzer, die damit einhergehen und die man sich ums Verrecken nicht nehmen lassen will? Und müsste nicht, angesichts solcher Sätze wie „Dank an Sie, Arthur Harris, der mit seinen umfangreichen Innenstadtumgestaltungsmaßnahmen in Dresden und Hamburg den Krauts endlich gegeben hat, was sie verdienen“, eher das Wort „Kritik“ in Anführungsstrichen stehen? VOLKER SCHEUNERT, Hamburg

Wo bleibt der Marshallplan?

■ betr.: „Athen auf Sanierungskurs“, taz vom 14. 2. 12

Das Sparprogramm ist nichts anderes als eine „Mogelpackung“, die zu einer Spaltung der Gesellschaft und damit weiteren sozialen Konflikten führt. Die Banken und Eliten werden wieder mal gerettet, aber das einfache Volk zahlt die „Zeche“. Was ich vermisse, ist wirkliche Hilfe beim Aufbau neuer Industrien oder konkrete Hilfen für Jugendliche und Auszubildende. Wo bleibt der großspurig angekündigte Marshallplan? CHRISTIAN LUKNER, Bonn