piwik no script img

Ein Klo im Grünen

UMWELT Eine Gesetzesnovelle schreibt den Kleingärtnern vor, sich um die Entsorgung ihrer Abwässer zu kümmern. Bisher gab es Grauzonen – und Grundwasserbelastung

Der Komfort hat häufig eine Kehrseite: das Versickern der Abwässer irgendwo im Boden

Von HENNING BLEYL

Am 1. März wird alles anders. Das mag übertrieben klingen, da es nur um Paragraf 6a des Bremer Entwässerungsortsgesetzes geht, der in zwei Wochen verändert in Kraft tritt. Da darin jedoch die Schmutzwasser- und Fäkalentsorgung von fast 17.000 Bremer KleingärtnerInnen geregelt ist, sind die Auswirkungen erheblich. Die Novelle schreibt erstmals vor, dass alle mit Frischwasser versorgten Parzellenhäuschen über ein Abwassersystem verfügen müssen. Sonst droht Bußgeld bis 10.000 Euro.

Seit Mitte der 90er-Jahre besteht in den Bremer Kleingartengebieten die Möglichkeit, einzelne Gärten an das Trinkwassernetz anzuschließen. 90 Prozent der Parzellisten haben davon mittlerweile Gebrauch gemacht, sagt Hans-Ulrich Helms, Vorsitzender des Bremer Landesverbandes der Gartenfreunde. Sehr häufig wird die Leitung dann auch ins Haus gelegt, um Küche und Klo auszustatten. Dass dieser Komfort häufig eine Kehrseite hat, nämlich das Versickern der Abwässer irgendwo im Boden, ist den Beteiligten bewusst – Helms begrüßt die Neuregelung ausdrücklich, an deren Zustandekommen er aktiv mitwirkte: „Das ist Hygiene vor Ort.“

Schon vor Längerem wurden bei Untersuchungen des Umweltressorts in diversen Kleingartengebieten sowohl im Oberflächen- als auch zum Teil im Grundwasser Nitratbelastungen gemessen, die eindeutigen Ursprungs sind. Die neuen Vorgaben lauten deswegen: Der Tank muss zwischen 1.500 und 3.500 Liter umfassen und säurefest sein. Helms schätzt die Kosten für Eigenbauer auf rund 800 Euro. Zudem bietet die Novelle erstmals die Möglichkeit, den Kleingarten ebenso wie Gebäude in Wochenend- und Ferienhausgebieten an das Kanalnetz anzuschließen – für letztere besteht nun sogar Anschlusspflicht.

Der komplette Rückbau des lieb gewonnenen Wasserkomforts droht allen Parzellisten, deren Gärten weit entfernt von Kanalanlagen und an engen Wegen liegen – was gar nicht selten ist. Sind die Wege für Entsorgungsfahrzeuge nicht befahrbar oder müssten zu lange Schläuche zum Abpumpen gelegt werden, sieht das Gesetz keine Ausnahme vor. „Sofern die Abwasserbeseitigung von diesen Grundstücken nicht durchgeführt werden kann, darf es dort keinen Anfall von Abwasser geben“, stellt das Umweltressort nüchtern fest.

Während im Osten mit seiner Datschentraditon die Abwässer schon immer ihren sozialistisch-korrekten Gang gingen, sperren sich die meisten westdeutschen Kleingartenverbände gegen eindeutige Regelungen – nicht so in Bremen. Wie aber wird die Einhaltung sichergestellt? Das Umweltressort hat die Kontrolle an den Landesverband delegiert. Der wiederum plant Stichproben, bei dem man auch etwaigen Tricksereien auf die Schliche kommen will. „Kleingärtner sind ja sehr kreativ“, weiß Helms. Wer seinen Tank etwa perforiere, um das kostenaufwendige Auspumpen zu umgehen, könne mit Probefüllungen ertappt werden.

Eine noch wenig genutzte Alternative sind Trockenklos, bei denen Urin und Feststoffe getrennt aufgefangen werden. Enthusiastischen Kompostierern gilt der so gewonnene Stoff gar als „schwarzes Gold“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen