Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Gleich drei Mal schreit die Stirnwand des Galerieraums von Sprüth Magers Ausrufezeichen, in Form knallgelber, borstiger Plaste-&-Elaste-Skulpturen, die von dem über 80-jährigen Richard Artschwager stammen. Der große Rhetoriker der Meta-Oberfläche, der etwa das Holz seiner Objekte gerne mit dem eigenen (Resopalfolien-)Abbild überzieht, hat noch fünf weitere seiner philosophischen Möbel im Raum verteilt. Er erscheint trotzdem nicht weniger leer als die Ausstellungshalle des momentan ausgeräumten Bauhaus-Archivs. Was kein Wunder ist, da er die fünf Meter Bauhaushöhe leicht um drei Meter übertrifft, von den Quadratmetern gar nicht zu reden. „Schön anzusehen“ heißt die Nichtausstellung, die Gelegenheit bietet, einfach durch das vakante Gebäude an der Klingelhöferstraße streifen zu können, Walter Gropius’ Berliner Nachlass. Die dringend notwendige Erweiterung des Hauses wird nun Klaus Wowereits „egoistischer Event- und Symbolpolitik“ (Monika Grütters) geopfert. Der Kultursenator braucht das Geld für seine Kunsthalle am Humboldthafen. Anders als das Bauhaus-Archiv kann die aber noch gut warten – bei solchen Galerieräumen und -programmen wie bei Sprüth Magers. „Source Code“ heißt die weitere Ausstellung in den übrigen Räumen, wobei der interessanteste der schon über 80-jährige Kenneth Anger ist. Der Sirenenakkord, der seine 16-mm-Hommage an Aleister Crowley begleitet, erinnert fürchterlich an die Stones, und wirklich stammt der Soundtrack zu „Invocation of my Demon Brother“ von Mick Jagger. „Zap! You’re pregnant. That’s witchcraft“, heißt es in dem Film. Einer, den Anger schwängerte, hat schönerweise nebenan, bei C/O Berlin, eine große Retrospektive. Denn wie Pierre von Pierre et Gilles bekennt, wurde er nachhaltig von Angers „Scorpio Rising“ geprägt.

■ „Source Code“, bis 29. August, Di–Sa 11–18 Uhr, Sprüth Magers, Oranienburger Str. 18; „Schön anzusehen“, bis 4. Oktober, Mi–Mo 10–17 Uhr, Bauhaus-Archiv, Klingelhöferstr. 14; „Pierre et Gilles Retrospektive“, bis 4. 10., tägl. 11–20 Uhr, C/O Berlin, Tucholsky-/Oranienburger Str.