Mann mit Aufgaben

Seinen Ankündigungen ließ Jens Häusler Taten folgen. Auch nach dem Aufstieg vom Assistenztrainer zum Interims-Chefcoach des HSV Handball, des amtierenden Meisters, schöpft der 44 Jahre alte Oldtimer-Liebhaber seine Kraft aus der Ruhe. Zu einem zeternden, fluchenden Griesgram von Handballlehrer, der sich an der Seitenlinie mit den Schiedsrichtern anlegt, will er jedenfalls nicht werden.

„Ich bin jetzt nicht plötzlich der Zampano“, sagt Häusler. „Man holt sich den Respekt nicht durch Strenge. Der Sport ist nicht mehr so totalitär wie früher, als nur die Meinung des Trainers zählte.“ Für eine echte Metamorphose – vom Kumpel zum herrisch auftretenden Chef – wäre die Zeit vermutlich auch zu knapp: Nur bis zum Saisonende ist Häusler für die Hamburger Profis verantwortlich. „Eine Aufgabe auf Zeit, und das ist gut so. Ich werde danach klaglos ins zweite Glied zurückkehren.“

Wer immer zum Beginn der neuen Saison als Trainer die Mannschaft führen wird: Er soll möglichst über internationale Erfahrung auf höchstem Niveau verfügen. Das wünschen sich HSV-Hauptgesellschafter Andreas Rudolph und Vereinspräsident Martin Schwalb. Häusler kann das nicht vorweisen.

Der Familienvater aus Kiel-Suchsdorf, dessen Marotte es ist, sich morgens zuerst die linke und danach die rechte Socke anzuziehen, hat lediglich unterhalb der zweiten Liga trainiert, bei Klubs wie der SG Herrenberg-Haslach-Kuppingen, SG Bad Bramstedt/Henstedt-Ulzburg oder die SG Kropp-Tetenhusen-Dithmarschen.

Dennoch sind die Erwartungen an den Cheftrainer auf Zeit eindeutig: In der Bundesliga soll es der zweite Platz sein. Der würde dazu berechtigen, in der kommenden Saison auf europäischer Ebene wieder an der Champions League teilzunehmen. Mehr ist in dem Wettbewerb nicht drin. Angesichts seines klaren Vorsprungs wird sich der THW Kiel die Meisterschaft nicht nehmen lassen. Im DHB-Pokal lautet Häuslers Auftrag: Titelgewinn. Und in der Champions League soll der ehemalige Bundesligaprofi den HSV zum Final Four nach Köln führen.

Leicht wird das alles nicht. Nach dem Gewinn der Meisterschaft ist im Team ein Gefühl von Zufriedenheit eingekehrt. Zudem steht aufgrund der recht hohen Altersstruktur der Mannschaft ein Umbruch an. Die französischen Brüder Bertrand und Guillaume Gille, die zehn Jahre lang das HSV-Trikot getragen haben, werden nach der laufenden Saison zum französischen Klub Chambery Savoie HB wechseln. „Ich will das Bestmögliche erreichen. Und ich werde mich nicht verbiegen“, sagt Häusler. „Wer nicht ist, wie er ist, macht etwas falsch.“  CHRISTIAN GÖRTZEN