Der Angriff des Sonnenkönigs

VIVAT! Verleger Rupert Murdoch kündigt Ersatz für die eingestellte „News of the World“ an

VON STEFFEN GRIMBERG

„Wir werden uns an die Gesetze halten“, schreibt der alte Mann treuherzig – und wird dann knallhart und verspricht, alles zu tun, „um denen zu helfen, die verhaftet wurden“. Daher seien jetzt auch „alle Suspendierungen vom Dienst aufgehoben, bis wirklich Anklage erhoben wird“. Die Betroffenen seien „an ihren Arbeitsplätzen wieder willkommen“, ihre Anwaltskosten würden von der Firma übernommen: „Jeder ist unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist“, schreibt Rupert den Mitarbeiter seiner Londoner Boulevardzeitung Sun in einer E-Mail.

Nach den jüngsten Verhaftungen einer Reihe von Top-Journalisten der Sun schießt Murdoch zurück. Und: Er macht auch am Sonntag wieder auf. „Wir werden an die stolze Tradition der täglichen Sun anknüpfen und die Sun on Sunday sehr bald starten“, schreibt Murdoch. Es sei „unsere Pflicht, eine der meistgelesenen Zeitungen der Welt auszubauen und noch mehr Leute als bisher zu erreichen“.

Dabei geht es um viel Geld. Schließlich war die News of the World Marktführer unter den nationalen Sonntagszeitungen und verkaufte sich zuletzt knapp 2,7 Millionen mal pro Ausgabe. Vom Ende der NoW haben die Sonntagsausgaben der anderen Boulevardblätter profitiert. Und das, obwohl nach Schätzungen britischer Medienexperten rund die Hälfte der NoW-Leser derzeit gar keine andere Sonntagszeitung kaufen. Gerade die will Murdoch nun mit der Sun on Sunday zurückgewinnen. War bislang mit einem Start Ende April gerechnet worden, soll dieser Termin nun nach Berichten des Guardian um mehrere Wochen vorgezogen werden. Insider rechnen mit einem neuen Preiskrieg, schreibt das Blatt – der für Murdoch um so teurer werden könnte, da die Anzeigenumsätze auch im britischen Markt weiter rückläufig sind. Doch der News-Corp.-Boss gibt sich gewohnt kämpferisch: Er werde mehrere Wochen in London bleiben, um den Sun-JournalistInnen seine „unverbrüchliche Unterstützung“ zu beweisen, schreibt Murdoch weiter. Dass er sein weltweites Medienimperium jetzt aus der britischen Hauptstadt lenken muss, obwohl er dafür zuletzt immer New York bevorzugte, zeigt wie ernst die Lage ist. Von einer „drohenden Revolte im Newsroom der Sun“ war vergangene Woche in Konkurrenzblättern zu lesen. Und nicht nur die jetzt auch voll im Visier des Phonehacking-Skandals stehenden JournalistInnen der Sun (taz vom 13. und 14. 2.) machen Front gegen die „Überreaktion der Polizei“. Auch ein führender Jurist erklärte nun, die Art und Weise, wie Murdochs Offizielle mit den Ermittlern zusammenarbeiteten, laufe daraus hinaus, „das Schild, das der Presse vom Parlament zum Schutz ihrer Informanten und Quellen gegeben worden ist, einfach wegzuwerfen“. Der Police and Criminal Evidence Act 1984, auf den sich Murdoch berufe, sehe hier keine Auskunftspflicht vor, zitiert der Guardian den Menschenrechtsanwalt Geoffrey Robertson. Die Vorgänge könnten sich weit über den Phonehacking-Skandal hinaus als „schwerer Schlag gegen investigative Journalismus erweisen“, da man hier besonders auf Informantenschutz angewiesen sei.

Murdoch selbst kündigte dagegen an, den Behörden auch weiterhin alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen.