BORIS-BECKER.TV, ZDF-BAUCHTANZ, NUDELMARKETING
: Was wollt ihr dann??? Gut-ten-berg!!!

Liebe taz-Medienredaktion, wir hier im Schützengraben sind froh, dass das Sommerloch nach all dem Abgeholze im „Gruner + Jahr“-eigenen Buchenwald den Blick auf die spaßigen Themen freilegt. MAOAM.

Denn endlich findet auch die Bild zu alter Form und spricht mit den Toten. Oder den Ungeborenen, was quasi das Gleiche ist. Also: Boris Beckers Samenerguss reift derzeit im Bauch einer Frau heran, die er vor kurzem ehelichte. Im Zuge der Etablierung seiner Privatsphärenvermarktungsfirma „Boris-Becker.tv“ durfte die Bild ganz nah ran und weiß nun Genaueres: „Es wird ein Fisch!“ Ja, was soll man dazu noch sagen? Höchstens den Fall einer möglichen Frühgeburt ins Auge fassen und berichten: „Es wird ein Steinbock!“ MAOAM.

Immerhin aber „spricht“ Boris Becker laut Bild über sein Baby-Glück, und das ist bei Boris ja auch keine Selbstverständlichkeit. Und während ein ehemaliger Tennisstar sich freuen kann, dass er mit sicherer Rückhand eine Frau ausgesucht hat, die Boris-Becker.tv in den nächsten Jahren ordentlich Futter liefern wird, spielt die Medienmaschinerie an anderer Stelle ganz von allein verrückt: Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg ist der neue Schmierstoff, der die Gazettenbetreiber total wuschig macht. „Das schönste Liebespaar der Republik“, titelt etwa die Bunte und zeigt den einzigen Mann, neben Biolek und Jean Pütz, der sich noch mit einer Nickelbrille auf die Straße traut, mit seiner Frau Stephanie als das „umjubelte“ Paar. Das ist Wahlkampfhilfe, die der SPD die Tränen in die Augen treiben wird. MAOAM.

Und sogar die taz, euer kleines, bislang so sympathisches Blatt, ist sich nicht zu schade, ihren schönen Platz für die völlig absurde Frage zu verschwenden: „Braucht die politische Klasse mehr Adel?“, nur weil der hübsche Name suggeriert, der Mann würde sich nach dem Pinkeln die Finger waschen. Bleibt die Frage: Braucht die schreibende Zunft mehr Hirn? Beim Fernsehen, dem ZDF, haben sie immerhin genug Bauch. Bauchgefühl, Bauchschmerzen, Bauch unterm Hemd und schalten ihr Online-Forum zum neuen Nachrichtenstudio gerade noch so rechtzeitig ab, dass sie es als konstruktiven Umgang mit Kritik verkaufen können. Gleichzeitig gab es eine Aussendung mit dem Titel „Mehrheit der ZDF-Zuschauer lobt neues Nachrichtenstudio“, die sich auf eine „repräsentative Umfrage“ berief und gleichwohl beweisen sollte, wie ernst das ZDF die Zuschauerkritik nimmt, weil man nun die Wetterzahlen größer einblendet. Vom eigentlichen Ärger der Gebührenzahler – 30 Millionen Euro für ein Studio plus eine aufwendige Werbekampagne – kein Wort. MAOAM.

Dafür ein paar Tage später Claus Kleber, im Haus „der schöne Claus“ genannt, dessen Bauch unterm Hemd hervorblitzte. Die Leute vom ZDF wissen schon, wie sie die Zuschauer wieder auf Spur bekommen. Zumindest die weiblichen. MAOAM.

Und wer sich nun fragt, warum hier ständig MAOAM steht – weil ich mich den Worten des Chefredakteurs der Spex, Max Dax, anschließen möchte, der sein Impressum an einen Nudelhersteller verschachert hat: „Wir wollen einen Diskurs darüber anregen, wie wahnsinnig hart es ist, Qualität sowie innere und äußere Unabhängigkeit im Journalismus zu garantieren.“

Damit gebe ich zurück nach Berlin. MAOAM.

SILKE BURMESTER berichtet jeden Mittwoch von der MEDIENFRONT.Anonyme Hinweise? kriegsreporterin@taz.de