Chinas sozialistischer Modellmillionär

Im Sozialismus sind Modellarbeiter das, was Millionäre für den Kapitalismus sind. Dass sich beides in einer Person vereinigen lässt, will China zum internationalen Tag der Arbeit mit einem Ausnahmesportler zeigen. Pünktlich zum 1. Mai bekommt der für die texanischen Houston Rockets spielende chinesische Basketballstar Yao Ming jetzt den Ehrentitel „Modellarbeiter“.

„Ich dachte bisher, ‚Modellarbeiter‘ sei ein Titel für hart arbeitende gewöhnliche Arbeiter, die sich wenig um die Höhe ihres Gehalts kümmern. Aber jetzt können auch besondere ‚Arbeitsmigranten‘ wie ich diese Auszeichnung gewinnen. Das zeigt den Fortschritt in unserer Gesellschaft.“ So reagierte der 2,26 Meter große Yao nach Angaben seines Agenten auf die Auszeichnung. Die kann Yao allerdings heute in Pekings Großer Halle des Volkes nicht persönlich im Empfang nehmen, da er als Center mit seinem Team gerade in den NBA-Play-offs steht. Houston führt zurzeit 2:1 gegen die Dallas Mavericks mit Dirk Nowitzki.

„Yao ist ein großer Athlet. Er hat sehr zur Entwicklung der Basketball-Industrie in China beigetragen und dem Land viel Ruhm gebracht“, begründet der für die Auswahl der Modellarbeiter zuständige Vizeminister Yin Weimin die Entscheidung.

Yao ist Pekings wichtigster Sympathieträger in den USA, wobei Chinas Führung ihm auch hoch anrechnet, dass er die Hälfte der 18 Millionen Dollar, die er während seiner vierjährigen Vertragslaufzeit in Houston verdient, an den chinesischen Sportverband abtritt. Zugleich steht Yao seiner Heimat für Spiele der Nationalmannschaft zur Verfügung. Mit der erreichte der aus Schanghai stammende Athlet bei den Olympischen Spielen in Athen das Viertelfinale.

Als Basketballspieler besticht Yao durch für seine Körpergröße ungewöhnlich hohe Beweglichkeit und einen sehr guten Wurf. Wenngleich niemand in China seine sportlichen Leistungen anzweifelt, trifft seine Auszeichnung auf Kritik. Medien monierten, dass Yao keiner der sonst üblichen Bauarbeiter, Busschaffner, Lehrer oder Klempner sei. So kritisierte ein Blatt seinen Reichtum und verwies darauf, dass 44 der bisher 166 Modellarbeiter der Provinz Qinghai weiter unterhalb der Armutsgrenze lebten. Doch Chinas KP, die inzwischen auch Unternehmer aufnimmt, erhofft sich vom Modellarbeiter Yao ein modernes, populäres Image. SVEN HANSEN