Nur zur Hälfte europacuptauglich

Borussia Dortmund spielt beim bereits abgestiegenen SC Freiburg unentschieden und muss sich vom Ziel Uefa-Cup verabschieden. Der Vorsprung wurde in einer schlechten zweiten Halbzeit verspielt. Der Urlaub wird nun kürzer

FREIBURG taz ■ „Die sind frei, die spielen um ihre Zukunft“, hatte Bert van Marwijk vermutet, und der Trainer der Dortmunder Borussen sah sich nicht getäuscht. In einer für einen Absteiger bemerkenswert weltuntergangs-freien Atmosphäre empfing Freiburg einen ungern gesehenen Gast. Denn es ist mehr als elf Jahre her, seit der Sport-Club ein Heimspiel gegen die Westfalen gewinnen konnte. Und nach vorne gerichtet, wie sich Trainer Volker Finke an seiner Dauerwirkungsstätte gibt (“Ich trage den Kopf seit vier Wochen wieder oben“) und den dritten Anlauf zurück in die Erste Bundesliga bereits ankündigt, präsentierte sich auch die Mannschaft.

Im hochsommerlich aufgeheizten Badenova-Stadion schien die Borussia zunächst nicht darauf eingerichtet zu sein, dass ihr kein vorgezogener 1.-Mai-Ausflug bevorsteht. Schon nach elf Minuten lagen die Dortmunder zurück. Weitere Gegentore waren möglich. Eine „riesige Unruhe“ machte van Marwijk in seiner Viererabwehrkette aus, was er einerseits als Kompliment für die offensivfreudigen Freiburger verstanden haben wollte. Andererseits blieb nicht folgenlos, dass der Niederländer aufgrund der Sperre Dedes sowie den Verletzungen von Christian Wörns und Guy Demel seine hinterste Reihe umstellen musste. Doch in dem Maße, wie Freiburg plötzlich die Zügel schleifen ließ, gewann die Borussia Oberwasser. Innerhalb von nur drei Minuten drehten die Gäste die Partie mit zwei Treffern nach dem exakt gleichen Muster: Flanke von links, Kopfball, Tor.

Was zu hinterfragen bleibt, wie Kapitän Kehl säuerlich anmerkte, ist das Rätsel, warum die Borussia im zweiten Durchgang einen Gang zurückschaltete - oder: warum sie im Leerlauf vor sich hin stotterte. Nach 56 Minuten durften die Dortmunder einen Elfmeter reklamieren, als Freiburgs Schlussmann Timo Reus – für den verletzten Richard Golz im Tor und bei beiden Gegentreffern grauenhaft postiert – Koller zu Fall brachte. Doch Schiedsrichter Markus Schmidt entschied ebenso falsch wie eine Viertelstunde später auf der Gegenseite, als er einem einwandfreien Kopfballtor Sanous, dem kleinsten Spielers auf dem Platz, die Anerkennung versagte.

„Ich muss ehrlich sein: Wir haben in der zweiten Halbzeit zu schlecht gespielt, um mehr als einen Punkt verdient zu haben“, räumte van Marwijk frank und frei ein. In der Schlussphase geriet seine Hintermannschaft erneut in helle Aufregung, was Soumaila Coulibaly zum verdienten Ausgleich (83.) nutzte. Ein Tor, das einen säuerlichen Sebastian Kehl hinterliess: „Wie schon gegen Bielefeld haben wir zwei Punkte liegenlassen. Wenn man 2:1 führt, muss man einfach mehr daraus machen.“ Dagegen stand allerdings auch eine Freiburger Mannschaft, in der Volker Finke gerade dabei ist, jene um sich zu versammeln und den Rücken zu stärken, mit denen er den direkten Rückweg einschlagen will.

Unterdessen müssen die Borussen ihre Ziele zurück buchstabieren. Den Uefa-Cup können sie sich vorerst abschminken (van Marwijk: „Dazu hätten wir in Freiburg gewinnen müssen“) und stattdessen zusehen, über den Umweg einer Urlausveranstaltung namens UI-Cup eine aufwühlende Saison noch halbwegs zu retten. Während die fußballerische Stabilisierung annähernd gelungen ist, sind die anderen Baustellen ja noch mit dünnen Brettern versehen. Als sich der Dortmunder Fanblock im Badenova-Stadion von den Freiburgern höhnisch verabschiedete (“Oh, ist das schön, euch nie mehr zu seh‘n“), schallte es aus der Freiburger Kurve prompt trotzig zurück: „Wenn wir wollen, kaufen wir euch auf.“ Wenigstens auf ihr schuldenfreies Konto können sich die Breisgauer noch etwas einbilden.

CHRISTOPH KIESLICH