Ein bisschen Radau im Kiez

Rund 15.000 Menschen feierten in Kreuzberg das „Myfest“. Am Abend begannen einige Scharmützel im Kiez. Die hatte die Polizei aber, wie schon in der Walpurgisnacht, sehr schnell wieder im Griff

Der erste Mai gehört nicht mehr nur den Randalierern, sondern auch den Familienvätern und -müttern. Mehr als 15.000 Menschen haben gestern zwischen Oranienplatz und Mariannenplatz ein friedliches „Myfest“ gefeiert. Gegen 20.45 Uhr kam es allerdings zu ersten – aber vergleichsweise schwachen – Ausschreitungen.

Auch nach der Absage der abendlichen „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ und der Aufforderung der Initiatoren, sich unter die Festbesucher zu mischen, ist damit das Konzept des Bezirksamts aufgegangen, den 1. Mai den Kreuzbergern zurückzugeben. Die PDS-Bürgermeisterin Cornelia Reinauer hoffte, dass das Fest den Abend überstehen würde. „Die Randalierer haben doch kaum mehr Anhänger.“

Am Abend wurde sie kurzzeitig eines Besseren belehrt. Mit Einbruch der Dunkelheit flogen kurz vor 21 Uhr die ersten Steine am Mariannenplatz. Die Polizei hatte die Lage aber rasch unter Kontrolle. Die schon traditionellen Scharmützel zwischen Randalierern und der Polizei blieben damit im Vergleich zu den Ausschreitungen vergangener Jahre relativ schwach und selten.

Zuvor war eine Spontandemonstration mit bis zu 1.000 Teilnehmern vom Heinrichplatz zum Axel-Springer-Haus unfriedlich verlaufen. Die Polizei sperrte das Verlagshaus mit Mannschaftswagen ab. Ein kurzer Steinhagel ging auf die Wagen nieder, zudem demolierten die Randalierer einen Opel Corsa. Nach wenigen Minuten hatten die Beamten die Lage im Griff.

Schon am Abend zuvor war auf den zwei Feiern zur Walpurgisnacht die Gewalt im Vergleich zu den Vorjahren deutlich zurückgegangen. Am Mauerpark, wo die Tradition der Vorabendrandale zum 1. Mai geboren wurde, blieb es Samstagabend ruhig. Bei der zweiten Feier, am Boxhagener Platz, hatten zumeist jugendliche Randalierer Flaschen, Steine und Feuerwerkskörper auf Polizisten geworfen. Die Polizei zeigte sich trotzdem zufrieden. Die Krawalle seien nicht mit denen der Vorjahre zu vergleichen, sagte gestern ein Polizeisprecher. Innensenator Ehrhart Körting (SPD), meinte allerdings, der Spuk sei noch nicht vorbei.

Der gestrige Maitag in Kreuzberg begann am Mittag mit einer ersten „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ durch Kreuzberg und Neukölln, zu der vor allem maoistische und kurdische Gruppen aufgerufen hatten. „Die Zeit des Kapitalismus ist abgelaufen, wir brauchen eine radikal andere Welt“, sagte eine Rednerin auf dem Oranienplatz. Die Polizei hielt sich mit einem Großaufgebot in den Seitenstraßen in Bereitschaft. An der Demonstration nahmen laut Polizei 1.200 Personen teil. An einer Demonstration von Hausbesetzern unter dem Motto „Keine Räumung der Yorckstraße 59“ beteiligten sich etwa 800 Menschen.

FLEE, PLU

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