KURZKRITIK: KLAUS IRLER ÜBER DIE TEKTONIK DES MÜLLS
: Zufrieden im Chaos

Istanbul mag eine reiche Stadt sein, die Welt der Istanbuler Müllsammler aber ist arm. Jeder Müllsammler hat einen Metall-Karren, auf dem ein Sack befestigt ist. Mit diesem Karren ziehen sie durch die Straßen und suchen im Müll nach Plastik, Eisen und Aluminium, die sie an Wertstoffhändler verkaufen. 130 Kilo Plastik bringen 20 Euro.

Vier der Istanbuler Müllsammler stehen in dem Stück „Herr Dagacar und die goldene Tektonik des Mülls“ zusammen mit ihren Karren auf der Kampnagel-Bühne. Sie sind gekommen, um im Theaterstück „Herr Dagacar und die goldene Tektonik des Mülls“ von ihrem Leben zu erzählen. Die vier spielen sich selbst. Es handelt sich um Dokumentartheater der Gruppe Rimini Protokoll. Die Müllsammler sind zwischen 30 und Mitte 40 und stammen aus Dörfern, in denen es keine Arbeit gibt. Es gibt vieles, das sie sich wünschen. Aber sie sehen auch, was sie haben. Sie sind entspannt.

Rimini Protokoll baut um die Monologe der Müllsammler einen dezent poetischen Rahmen. Ein Karagöz-Spieler doppelt die Geschichten als Schattenspiel, es gibt Videoeinspielungen und die latente Bedrohung durch ein Erdbeben. Das hat Längen. Aber es lässt den Darstellern den Freiraum, den sie für ihre Kunst der Entspannung brauchen.

weitere Vorstellungen: 24.+25. 2., 20 Uhr, Kampnagel