Mit feinem Humor oder schlicht in Englisch eine Gegenposition zu den jungen Schmerzensmännern: Sven van Thom und Tom Lüneburger

Man muss die vielen jungen Schmerzensmänner gar nicht doof finden. Aber man kann, da sie nun an jeder Ecke stehen und klagen, doch ein bisschen genervt sein von der Welle, die da momentan über einen schwappt. Und man kann froh sein, wenn sich noch welche finden, die nicht ins Schema passen. Weil sie, wie Sven van Thom, nicht nur den eigenen Bauchnabel erforschen. Oder weil sie, wie Tom Lüneburger, einfach Englisch singen.

Der hat netterweise im Booklet seines neuen Albums „Lights“ die Texte abgedruckt. So kann man nachlesen, dass er durchaus dieselben Themen bedient wie jene immer länger werden Reihe deutscher Singer/Songwriter, die gerade das Feuilleton unsicher machen. Auch Lüneburger wacht morgens auf mit schmerzendem Leib und verwirrtem Kopf. Und auch er findet bei der Suche nach Orientierung in einer zusehends unsicher werdenden Welt vor allem eins: Die Hoffnung, dass die Liebe alles zum Bessere wenden werde.

Aber weil der Berliner seine Reime in englischer Sprache verfasst und weil seine Band, wenn der Sänger nicht einfach zur akustischen Gitarre singt, auf „Lights“ einen nicht allzu aufregenden, aber ziemlich geschmackvollen, mit Streichern und sanfter Elektronik angereicherten Klangteppich verlegt, wird aus dem Singer/Songwriter plötzlich ein Popmusiker. Dieser Eindruck verstärkt sich, weil diesem zweiten Album bereits im November die Single „We Are One“ vorausgeschickt wurde, ein Duett mit einer gewissen Stefanie Kloß, die sonst bei einer Band namens Silbermond singt. „We Are One“ wurde ein kleiner Erfolg, vermittelt aber dann doch einen ungenauen Eindruck von Lüneburgers hauptsächlichem Schaffen. Denn das Pathos der Single umschifft er ansonsten recht souverän – trotz der bisweilen ins allzu ichbezogene Klagen kippenden Texte.

Die Gefahr bestand bei Sven van Thom noch nie. Der wurde schließlich vor elf Jahren bekannt als Sänger einer Band, die sich Sofaplanet nannte und das „Liebficken“ besang. Seitdem versucht van Thom das Schülerband-Image, das er sich mit diesem Hit einhandelte, wieder loszuwerden. Mit seinem zweiten Solo-Album „Ach!“ sollte dem Mittdreißiger das endlich gelingen: Denn während um ihn herum alle nur noch mit heiligem Ernst nach innen blicken, hält er eine distanziertere, von Ironie geprägte Sichtweise am Leben. Schon der Albumtitel ist eine Verbeugung vor Loriot und die Songs operieren oft und gern mit dem feinen Humor des unlängst verstorbenen Komikers. Van Thom besingt, was Loriot hätte verfilmen können: Groteske Situationen, in die herzlich normale Durchschnittsbürger geraten können. Er erzählt von der seltsamen neuen Verwandtschaft, die einem die Liebe einbrocken kann (“Ihr Vater ist ein Nazi“), vom misslungenem Jahreswechsel (“Scheiß Silvester“) oder dem Trost, den der Alkohol spendet, wenn man verlassen wurde (“So schlimm ist es nicht“). Das ist nicht immer so schmerzhaft wie das Leben, das Tim Bendzko, Philipp Poisel oder Max Prosa besingen. Aber dafür entschieden amüsanter. THOMAS WINKLER

Tom Lüneburger: „Lights“ (Silbermond Musikverlag) 24. 2. Frannz

■ Sven van Thom: „Ach!“ (Roof Music/Edel) 24. 2. HBC