Grillen und chillen gegen die „Graffiti-Hysterie“

CasaNova hilft jugendlichen Sprayern. Wer Stress mit der Justiz hat, bekommt hier Rechtsberatung. Die Kölner Gruppe kämpft gegen die Kriminalisierung der „Maler“ – mit Informationen, Partys und legalen Graffitiwänden

KÖLN taz ■ Hubschraubereinsatz gegen Graffiti-Sprayer, ein Gesetzentwurf, der härtere Strafen ermöglicht – Jugendliche mit Spraydosen stellen derzeit, so scheint es, eine ernsthafte Herausforderung für den Staat dar. In Köln haben bereits 1998 Interessensverbände von Geschäftsleuten und Hausbesitzern die Kölner Anti-Spray-Aktion KASA gegründet, die unter anderem mit Kino-Spots („Farbsprühterroristen“-Rap) und Plakaten („Er hat den Kick und Sie den Schaden“) gegen Graffiti agitierten.

Als Reaktion darauf setzt sich die Gruppe CasaNova für die Interessen der sprühenden Jugend ein. Das Ziel der Gruppe, so Mitglied Alexandra Renken, ist eine kritische Gegenstimme: „Gegen die ‚Graffiti-Hysterie‘ und die mit ihr verbundenen Ausgrenzungen wollen wir eine kritische Diskussion setzen, denn Kriminalisierung von meist jugendlichen Sprayern verspricht keine Problemlösung.“ Immer noch gültig seien die Ende der 90er Jahre entwickelten Forderungen nach einem Stopp der öffentlichen Finanzierung von KASA und nach mehr legalen Sprayflächen.

In den letzten Jahren hat CasaNova verschiedene Partys, Workshops und Ausstellungen, Podiumsdiskussionen sowie Vorträge organisiert. Einmal im Jahr, am 1. Mai, findet ein größeres Treffen im Bürgerzentrum Mütze statt, bei dem man „grillen und chillen“, aber auch eine von zwei legalen Graffiti-Wänden in Köln besprühen kann.

Die Mitarbeiter von CasaNova bieten auch Rechtsberatung. Sie vermitteln im Notfall bezahlbare Anwälte und führen schon mal ein Gespräch mit verzweifelten Eltern, die sich fragen, was sie nur falsch gemacht haben, dass ihr Kind straffällig geworden ist. Die meist minderjährigen Sprayer sollen bei Stress mit der Justiz nicht auch noch Stress mit ihren Eltern haben.

CasaNova ist aus der „Denkwerkstatt Graffiti“ hervorgegangen, die der Künstler Jo Pellenz 2001 in der Mütze organisierte. Am Runden Tisch saßen damals Vertreter der Stadt, verschiedener Parteien und Maler, wie sich die Sprayer nennen. „Irgendwann waren die Politiker weg, das Grundsatzprogramm stand und die jüngeren Leute haben das weitergeführt“, erzählt Alexandra Renken.

„Wir wollen den Leuten die positiven Seiten von Graffiti zeigen“, sagt sie. Dass der Staat so kompromisslos reagiere, liege wohl an seiner Hilflosigkeit. „Sie haben Angst vor dieser anarchistischen Sache, die sie nicht kontrollieren können. Überall auf der Welt gibt es Bilder auf den Häusern. Das ist Teil der Jugendkultur.“ CHRISTIAN GOTTSCHALK